Friday 2 March 2007

Chuck Palahniuk - Non-Fiction (True Stories)

Chuck Palahniuk als psychotischen Bruder von Douglas Coupland zu bezeichnen, ist vielleicht nicht ganz richtig. In den Büchern des Kanadiers geht es immer um communities, die versuchen, in einer schwierigen und lebensfeindlichen Welt (das Extrembeispiel: "Girlfriend in a Coma", nach der Apokalypse) die Normalität und Humanität am Leben zu erhalten. Palahniuks Charaktere sind hingegen, wenn auch nur selten aus eigener Entscheidung, Außenseiter, die sich unmöglich in die Gesellschaft eingliedern können, aber trotzdem das Glück im Zusammenhalt suchen, möglicherweise in "alternativen" Gemeinschaften, die gerade dadurch, dass sie sich gegen die Konventionen der Mehrheitskultur richten, Glück überhaupt erst ermöglichen. In der Einleitung zu "Non-Fiction", eine Sammlung an Essays und Portraits, drückt Chuck Palahniuk das so aus:
"If you haven't already noticed, all my books are about a lonely person looking for some way to connect with other people. In a way, that is the opposite of the American Dream: to get so rich you can rise above the rabble, all those people on the freeway or worse, the bus."
Die 23 versammelten Essays gliedern sich in drei Kategorien: People Together, Portraits, Personal. Ersterer ist wahrscheinlich der faszinierendste Teil, weil hier Geschichten erzählt werden, von denen man kaum glauben kann, dass sie wahr sind: von größenwahnsinnigen Männern, die sich selbst Schlösser bauen, besessene Bodybuilder, dem Leben in U-Booten. Das faszinierende daran ist, dass Chuck Palahniuk meist mitten drin ist, sich voll darauf einlässt, selbst mitmacht, wenn er zum Beispiel den einfachen Versuch startet, mit einer Freundin in Tierkostümen durch Seattle zu gehen und am Ende von der Polizei verfolgt wird und die schlimmsten Reaktionen in seinen Mitmenschen auslöst. Was daran überzeichnet ist, weiß man nicht: klar ist nur, dass seine Fähigkeit, über all diese Dinge zu schreiben, ohne jemals zu urteilen, eine längst vermisste journalistische Fähigkeit ist. Hier wird nicht bewertet, nur gezeigt, und all das in dieser minimalistischen, mitreißenden Sprache, von der man dann drei Tage lang nicht mehr loskommt, weil sie sich in den eigenen Gehirnwindungen verfängt. In Portraits kommen dann mehr oder weniger berühmte Menschen zu Wort, die diesem Paradigma der Außenseiter, die irgendwie mit anderen Menschen in Verbindung treten wollen, voll entsprechen. Einerseits sind da Juliette Lewis und Marilyn Manson, andererseits der Rocket Guy, der seine eigene Rakete baut, und eine Frau, die mit ihren Golden-Retrievern hilft, Tote und Verschwundene zu finden. Überall schwingt auch ein bisschen Bewunderung für die Bereitschaft mit, sich für die eigenen Ideen und Träume aufzuopfern, so besessen von ihnen zu sein. Die Besessenheit findet sich in allen Romanen von Palahniuk, aber hier ist sie ECHT, nicht fiktiv. Aber in dieser Sammlung findet man die Inspirationsquellen für die fiktiven Antihelden.

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