Sunday 23 December 2007

Kazuo Ishiguro - Never Let Me Go.

Der Horror dieser Geschichte entwickelt sich langsam. Die Erzählerin, die mich stellenweise an die Hauptfigur von Margaret Atwoods Klassiker „A Handmaid’s Tale“ erinnert hat, gibt keine Übersicht sondern erzählt chronologisch, wie sie gemeinsam mit anderen Jugendlichen in einer besonders behüteten Umgebung aufgewachsen ist: Hailsham, ein Internat, in dem es scheinbar keine Außenwelt gibt. Der Leser, der natürlich mit gewissen Vorstellungen in die Geschichte geht, schreibt die Merkwürdigkeiten zuerst der Selektivität der Erzählung zu, bis der Punkt kommt, an dem klar wird, dass das Großbritanniens dieses Buchs eine zukünftige Dystopie ist, in der Menschen als Ersatzteillager geklont werden. Die Schüler von Hailsham sind die Produkte einer Gesellschaft, die alles tut, um für die privilegierten Bürger ein langes, gesundes Leben zu garantieren, und trotzdem noch den Schein aufrecht erhalten will, human zu handeln – also die logische zukünftige Konsequenz einer reichen Gesellschaft, deren Reichtum immer schon auf dem Rücken Anderer erwirtschaftet wurde. Die Kinder, deren Geschichte hier erzählt wird, werden ermutigt, Kunst zu produzieren, in dem kleinen Umfeld wird getauscht, nicht gekauft, sie scheinen in einer idyllischen Welt zu leben, bis langsam klar wird, dass sie nur auf ihre einzige Aufgabe vorbereitet werden: sich zuerst um andere Spender zu kümmern, um dann selbst zum Spenden berufen zu werden und nach der legendären vierten Donation zu sterben. Die drei Hauptprotagonisten, Kathy, die Erzählerin, und ihre beiden Freunde Tommy und Ruth, erkennen ihr Schicksal, und finden sich damit ab. Der vorsichtige Versuch, ihr Schicksal zumindest hinauszuschieben, scheitert, und der fürchterliche Moment des Romans ist der, in dem der Leser begreift, dass am Ende kein Fluchtversuch, keine Rebellion stehen wird.

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