Wednesday, 27 February 2008

Neuwahlen?

"Mit Würde hat das jetzt wirklich nichts mehr zu tun"

(Ö1-Innenpolitikchef Aigelsreiter auf die Frage, ob die Regierungsparteien nur noch auf eine Chance warten, "würdevoll Neuwahlen auszurufen")
Wie von vielen Seiten und auch von mir selbst immer wieder betont wird, ist die entscheidende Frage dieser Krise nicht, ob es zu Neuwahlen kommen wird. Wenn, dann werden die nur als Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Kern der Sache dienen - denn was könnte die Untersuchungen über Kompetenzüberschreitungen mehr überlagern, als ein wütend und verzweifelt geführter Wahlkampf zweier Großparteien, die beide in der derzeitigen Situation von einer Neuwahl weder gewinnen werden, noch entscheidende andere Koalitionsmöglichkeiten haben werden, es sei denn, es gehen sich Mehrheiten links oder rechts aus (was ich aber nicht wirklich glaube). Aber: Die "Krone" spricht von Neuwahlen (heutige Schlagzeile: "Weichenstellung für Neuwahlen? SPÖ-Klub stimmt für U-Ausschuss"). Wenn die Krone von Neuwahlen spricht, ist das natürlich eine ganz andere Sache, als wenn diverse Meinungsforscher und Parteikenner darüber spekulieren. Aber: Erst nach der EM, und bis dahin kann sich ja vieles ändern. Eines ist aber klar: Gearbeitet wird so nicht mehr. Der Vorschlag von Kanzler Gusenbauer, die Steuerreform wegen der hohen Inflation auf das Jahr 2009 vorzuziehen, wurde sofort als "Bruch des Koalitionsabkommens" bezeichnet, die Fronten sind so verhärtet, dass sich niemand auch nur einen Millimeter bewegen kann. Hier noch ein interessanter Link zum Blog von ZIB2-Moderator Armin Wolf: Da soll also rhetorisch doch noch so getan werden, als wäre das alles rational, ist es aber nicht, das ist bloß noch persönliche Verbitterung, ich glaube inzwischen nicht einmal mehr, dass da irgendein taktisches Kalkül dahintersteckt.
Als Kontrast dazu gibts im heutigen Falter einen Auszug aus Armin Thurnher und Katharina Krawagna-Pfeifers Interview-Buch mit Alfred Gusenbauer ("Die Wege entstehen im Gehen. Alfred Gusenbauer im Gespräch"). Unter dem Titel "Ich wollte immer Staatsmann werden" lässt sich der Werdegang des SPÖ-Chefs nachlesen, der über lateinische Klassiker, Marxistische Basisliteratur, Stiglitz bis zu Robert Menasse führt. Das hat mein Bild dermaßen konsequent umgestoßen, dass ich kurz innehalten musste: das passte gar nicht zu dem Bild eines tollpatschigen, aber gutmeinenden, der im falschen Moment in die ungute Situation gekommen ist, in einer unmöglichen Konstellation Politik machen zu müssen. Ändern tut es aber nichts.

Falter - Sie wollten ja nur arbeiten
DerStandard - Reaktionen: "Koalition bereits zerbrochen"

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