Friday 24 October 2008

Elke Heidenreich wird vom ZDF entlassen

"Ironischerweise trifft es mit Heidenreichs Lesen eine Sendung, für die die angestoßene Qualitätsdebatte gerade nicht gilt. Im Gegenteil. Es war ein demokratisches Bildungsformat der Hoch- und Populärkultur, attraktiv für Akademiker und Nicht-Studierte gleichermaßen. Elke Heidenreich gelang es dank ihrer schnoddrigen Eloquenz und überragenden Belesenheit, aus einem trockenen Gut ein lebendiges und intelligentes Stück Unterhaltung zu machen."

Die Zeit, 23. Oktober 2008
Also nie wieder "Mehr als sie erlaubt" von Element of Crime? Das war eine Sendung, die regelmäßig zu kurz war. Außer "Lesen" hat für mich überhaupt keine Literatursendung funktioniert - das Format verlangt ein großes Ego, und bei Heidenreich hat man dafür zumindest was bekommen. Unterhaltung. Nicht Literatur, um zur intellektuellen lesenden Bevölkerung zu gehören, sondern Literatur, weil sie spannend, mitreißend, horizonterweiternd, emotional, lebensbegleitend ist.
Das Fernsehen verträgt es also, wenn Sechzehnjährige ihr Leben für 15 Minuten Ruhm wegschmeißen, sexistische und homophobe Rapper eine Plattform bekommen, Gottschalk seinen weiblichen Gästen ins Dekolleté starrt und nur deswegen irgendwie öffentlich-rechtlich mit Bildungsauftrag ist, weil er das jetzt schon seit 20 Jahren macht, nicht erst seit 10 wie Raab - aber eine Moderatorin, die über ihren Sender schreibt, sie "schämt sich, für so einen Sender zu arbeiten" wird entlassen, weil das ist markenschädigend. Es gibt überhaupt keine Provokation mehr, keine Kontroverse, das schlimmste, was passieren kann, ist die Rolle als Werbeträger nicht mehr erfüllen zu wollen.
In solchen Momenten kommt es mir dann tatsächlich so vor, als würde der ORF in den kleinen Randgruppen-Schienen besser funktionieren als die deutschen Öffentlichen. Dort gibt es gar nichts mit einem Selbstbewusstsein als gallisches Dorf (ja, irgendwie habe ich mich gewundert, wie man die Kärntner-Trachtenhose zweimal runterlassen und trotzdem noch ein total seriöses Interview mit Bushido führen kann. Stermann halt.)

Elke Heidenreich: Reich-Ranickis gerechter Zorn
Willkommen-Österreich-Sendung vom 23. Oktober

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