Friday 27 February 2009

Das humanitäre Bleiberecht wirft Fragen auf...

"Für Personen, die sich seit 1. Mai 2004 oder davor dauerhaft in Österreich aufhalten und deren Aufenthalt überwiegend legal war, schaffen wir die Möglichkeit einen Aufenthaltstitel für besonders berücksichtigungswürdige Fälle zu erteilen", so Fekter.
Diese seit geraumer Zeit in Österreich aufhältigen Personen, können durch den Nachweis bestimmter Kriterien im Hinblick auf den Integrationsgrad einen Aufenthaltstitel erlangen. Der Antrag ist beim jeweiligen Landeshauptmann zu stellen. Beabsichtigt der Landeshauptmann einen solchen Aufenthaltstitel zu erteilen, so ist dazu vorher die Zustimmung des Innenministeriums einzuholen.
[...] Wenn bestimmte Voraussetzungen fehlen, so können diese durch die Vorlage einer Patenschaftserklärung ersetzt werden. Diese Patenschaft kann durch Einzelpersonen oder juristische Personen übernommen werden. Um jede Form des Missbrauchs zu verhindern, sind alle Nebenabreden und allfällige weitere Vereinbarungen in diesem Zusammenhang nichtig.
"Wir verhindern damit Zuwanderung in die Armut", betont Innenministerin Maria Fekter. Eine Finanzierung der Patenschaft aus Steuermitteln ist unzulässig. Eine Patenschaftserklärung bedarf einer notariellen Beglaubigung und ist für drei Jahre gültig."

Bundesministerium für Inneres, 24. Februar 2009
Im Juni meinte Maria Fekter, ein generelles Bleiberecht wirke wie ein "Staubsauger" (Standardinterview am 28. Juni 2008). Der Regierungsentwurf zu einer Neuregelung sieht, wie oben nachzulesen, weiterhin vor, dass der endgültige Beschluss im Innenministerium liegt.
Dass auf diesem Bereich keine wirklichen Verbesserungen für die Betroffenen kommen würden, war abzusehen (etwa fragwürdige Nebensätze wie der, dass das Ministerium selbst drei Jahre nach Gewährung durch das Land noch Einsprüche erheben kann oder eine Erschwerung einer Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn eine Frist versäumt wurde) - was mich an der Formulierung des Entwurfs allerdings interessiert, ist diese Idee der "bestimmter Kriterien im Hinblick auf den Integrationsgrad", die bisher noch nicht weiter erläutert wurden.
"Voraussetzung dafür, das Bleiberecht zu erhalten, ist die Erfüllung bestimmter Kriterien. Dazu gehören Integration, Ausbildung, Beschäftigung, Deutschkenntnisse und Familienanbindung. Auch muss die Selbsterhaltungsfähigkeit gewährleistet sein. Wer bei letzterem Punkt Probleme bezüglich Arbeitsplatz, Wohngelegenheit oder Krankenversicherung hat, kann sich einen "Paten" suchen."

DiePresse: Bleiberecht: Die neue Regelung im Detail, 24. Februar 2009
Nachvollziehbare Kriterien wären etwa eine Beschäftigung, die den Lebensunterhalt sichert, und ein cleanes Strafregister - allerdings verstehe ich nicht ganz, warum das unter dem Begriff "Integration" läuft, außerdem wird es etwa AsylwerberInnen sehr schwer gemacht, legal zu arbeiten (gemeinhin wird von einem "faktischen Arbeitsverbot" gesprochen - AsylwerberInnen erhalten, wenn überhaupt, eine auf ein Jahr beschränkte Beschäftigungsbewilligung, die dann vom Arbeitgeber neu beantragt werden muss).
Andere Kriterien, die tatsächlich mit dem Begriff "Integration" beschrieben werden könnten, sind meiner Meinung nach schwer bis unmöglich objektiv zu messen und daher auch nicht rechtlich relevant. Brauchen Betroffene etwa die Unterstützung ihrer Nachbarn ("integriert ist dann, wenn das ganze Dorf aufsteht, wenn die Abschiebung droht")? Mitgliedsausweise für diverse Vereine? Ich vermute mal zu Gunsten der Menschen hinter diesem Entwurf, dass sie dabei nicht an irgendwelche Blut-und-Boden-mir-san-mir-Kriterien gedacht haben, sondern etwa an Sprachtests (aber wie viele Ereignisse der Vergangenheit bewiesen haben, ist dieses Grundvertrauen ohne Basis und naiv).
Vielleicht braucht Österreich eine breite Diskussion darüber, was überhaupt unter diesem vielbemühten Begriff "Integration" zusammengefasst wird: manchmal glaube ist, das ist irgendsoein Bauchgefühl, ein Unbehagen mit dem Umstand, dass einige muslimische Mädchen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen oder MigrantInnen in Geschäften einkaufen, die Produkte aus ihren Geburtsländern verkaufen, oder in der Straßenbahn auch andere Sprachen als Deutsch gesprochen werden (also Dinge, die sich ohne viel intellektuelle Leistung auf einen kurzen, prägnanten Wahlspruch der FPÖ verkürzen lassen). Diskutieren wir doch über sogenannte "westliche Werte", wenn wir sie immer wieder in einer halbherzigen, rein emotional und nicht intellektuell geführten Debatte bemühen, und tun wir doch nicht länger so, als gäbe es darüber, aus was sie bestehen, in diesem Land einen Konsens.

DerStandard: Letztentscheidung bleibt doch beim Ministerium, 26. Jänner 2009
DiePresse: Grüne: Bleiberecht „rechtsstaatlich bedenklich“, 23. Februar 2009
DiePresse: FPÖ und BZÖ kritisieren neues Bleiberecht, 24. Februar 2009
DerStandard: Bürokratie hemmt Bleiberecht, 24. Februar 2009

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