Saturday 9 January 2010

The Lovely Bones


Nach "Heavenly Creatures", ein Film über zwei Mädchen, die sich in eine Fantasiewelt flüchten und für deren Erhaltung morden, erschien Peter Jackson als die perfekte Wahl für eine Verfilmung von Alice Sebolds Roman. Das, was man nach der Lektüre von "Lovely Bones" als größte Herausforderung für einen Regisseur hält, nämlich die Bebilderung des "Inbetweens" in dem Susie Salmon nach ihrem Tode lebt und beobachtet, scheint nach dem Film "The Lovely Bones" noch das geringste Hindernis gewesen zu sein: die wahren Probleme, die Jackson nicht bewältigen konnte, ist das, was den Kern des Romans ausmacht. Susie beobachtet, wie ihre Familie und Freunde nach ihrem Tod versuchen, ein Leben weiterzuleben, wie ihr Vater und ihre Schwester nicht loslassen können, ähnlich so, wie sie das Inbetween nicht verlassen will und weiterhin beobachten und vielleicht sogar eingreifen möchte. Im Roman "The Lovely Bones" geht es um Susies Vater, ihre Mutter, ihre Schwester, den Jungen, in den sie sich kurz vor ihrem Tod verliebt hat, und das merkwürdige Mädchen, das sie auf dem Weg in das Inbetween berührt und damit von ihr (und der Idee, den Geistern eines Ortes nachspüren zu können) besessen gemacht hat.
Der Film "The Lovely Bones" trifft die Entscheidung, die Idee des Nicht-Loslassenkönnens zwar in den Mittelpunkt zu stellen, aber darauf zu verzichten, detailliert zu zeigen, wie die Nebencharaktere damit umgehen. Wie bekommen zwar ein paar prägnante Szenen aus dem Roman bebildert (der Vater, fantastisch gespielt von Mark Wahlberg, zerstört die Flaschenschiffe, die er mit seiner Tochter gebaut hat, die Mutter kommt nicht damit zurecht, dass er mit der Besessenheit eines Buchhalters nach dem Mörder sucht und die ganze Nachbarschaft verdächtigt, die Schwester erkennt, dass sie ihren Vater nur für sich hat, wenn sie ihm hilft, diesen Mörder zu finden) - aber diese kurzen Szenen verlieren ihre emotionale Stärke, wenn sie aus dem Kontext des Buches herausgenommen funktionieren. Essentielle Dinge wurden weggelassen, etwa die Affäre der Mutter mit dem ermittelnden Polizisten (Michael Imperioli) - und obwohl Rachel Weisz die Essenz der Mutter perfekt erfasst, die Unangreifbarkeit der Frau mit den "ocean eyes", bleibt sie im Film zu schematisch. Der Roman deckt etwa zehn Jahre ab, der Film verlässt die Charakter nach viel weniger Jahren, die Schwester wird nicht erwachsen, ihr Freund spielt keine größere Rolle, obwohl gerade die Stärke Lindseys, das Mädchen, das sich aus der Tragödie heraus selbst erschafft und hart gegen die Welt macht, eines der schönsten Elemente des Romans war. Die Rückkehr der Mutter, die das große Verbrechen begeht und ihren Mann und ihre zwei Kinder zurücklässt, erfolgt viel früher: im Roman ist der kleine Sohn, der sich kaum noch an Susie erinnern kann, zu einem wütenden Jugendlichen herangenwachsen, der sich an seinem immer noch suchenden Vater abarbeitet und die Schuld auf die heimkehrende Mutter schiebt.
Die Entscheidung, aus Ruth (Rose McIver) einen winzigen Nebencharakter zu machen, der lediglich eine einzige starke Szene bekommt (als sie ihre Kunst gegenüber einem ignoranten, kleinstädterlichen Kunstlehrer verteidigt, und immer furchtbar out of place wirkt in dieser Kleinstadt in Pennsylvania, im Roman flieht sie nach New York), ist ebenfalls bedauernswert, da die Szene, in der sich Susie zurück auf die Erde kämpft, um zumindest einen Tag mit ihrem geliebten Ray Singh zu verbringen, ohne das Hintergrundwissen zu ihrem Charakter an Bedeutung verliert (im Roman heißt es, "It was not so much, she would write in her journal, that she wanted to have sex with swomen, but that she wanted to disappear inside of them forever. To hide.") - und ohne diese Zeile ist die Szene, in der Susie Ruths Körper "ausborgt" nichts weiter, als eine klischeehafte, bereits in "Ghost" ausgearbeitete Idee ohne emotionale Tiefe.
Ohne den Roman gelesen zu haben, muss der Film schemenhaft wirken, wie ein langer Trailer zu einem Film, den es nicht gibt - und mit dem Hintergrund von Alice Sebolds Werk ist er einfach nur eine große Enttäuschung, trotz der fantastischen Schauspieler (vor allem das Leben, das Susan Sarandon der ganz ungroßmütterlichen Grandma Lynn in ihrer ganzen rauchenden, trinkenden Gestalt einhaucht) und dem Unbehagen, das Stanley Tucci als nachbarschaftlicher Mörder Mr Harvey hervorruft. Leider.

2009, Regie: Peter Jackson, mit Saoirse Ronan, Mark Wahlberg, Stanley Tucci, Rachel Weisz, Susan Sarandon, Rose McIver, Michael Imperioli, Reece Ritchie, Carolyn Dando, Nikki SooHoo.

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