Monday 9 August 2010

Stephen King - It (2010)

Missglückte Zweitversuche, file under "besser wirds nicht". 



Ich lese dieses Buch alle vier Jahre. Das erste Mal war in einem besonders heißen Sommer 1998, als ich elf Jahre alt und meine Familie gerade von einer Wohnung in ein Reihenhaus am Stadtrand umgezogen war. Obwohl der Eingangsparagraph des Reviews vor vier Jahren enthusiastisch war ("It" enhält das ganze Leben, etc.), ist der wahre Grund, warum ich dieses Buch ritualartig immer wieder in die Hand nehme (und mir selbst nicht erlaube, es in den Jahren dazwischen auch nur anzusehen), eine Ansammlung unheimlicher Zufälle, die es begleiten. 11 Jahre entspricht dem Alter der Protagonisten am Beginn des Romans. Ich habe bei jeder Rückkehr zu "It" in einem anderen Raum / einer neuen Wohnung gelebt. Vielleicht liegt es an der Jahreszeit, aber bis jetzt sind noch jedes Mal um mich herum plötzlich Spinnen aufgetaucht (auch wenn sie dieses Mal zum Glück nicht über den roten Einband gekrochen sind, was auch schon einmal passiert ist).

„It“ eignet sich auch besonders gut, um Veränderungen in meinem Leben nachzuvollziehen. Meine Referenzen ändern sich. Ich lese Bücher, sehe Filme und Serien, die sich an ähnlichen Themen abarbeiten. Im Kern geht es um „It“ darum, nach einer bestimmten verstrichenen Zeit an den Ort der Kindheit zurückzukehren, und durch diese Bewegung durch die Zeit und den Raum treffen sich Vergangenheit und Gegenwart – das Ritual, mit dem die fünf Verbliebenen 27 Jahre später abermals gegen das Böse antreten, ist nicht das einzige, welches das Buch beschreibt. Es geht auch darum, die Orte der Kindheit wiederum aufzusuchen, was in „It“ essentiell dafür ist, die verlorenen Erinnerungen wiederzufinden, wo sie gebraucht werden. Dabei vermittelt King dieses intensive Gefühl, das man hat, wenn man einen Ort zurückgelassen glaubt, aber sich weiterhin an seinen Spuren abarbeiten muss, als ob einen die Geister weiterhin heimsuchen würden (siehe auch „Ghost World“, die brilliante Adaption von Dan Clowes graphic novel). Bei den Protagonisten, abgesehen vom „Wachenden“, der Derry niemals verlassen hat, erfolgt dieser Prozess plötzlich, wie ein Schock, da sie nach dem Verlassen der Stadt all ihre Erinnerungen verloren hatten. Die subtilen Veränderungen, welche die Stadt in den vergagenen Jahren durchgemacht haben, werden präzise beschrieben, ebenso wie der Umstand, dass sie sich im Kern überhaupt nicht verändert hat: die Menschen stehen den offensichtlich außergewöhnlich brutalen Ereignissen immer noch mit Ignoranz gegenüber, als ob die hohen Vermisstenquoten und vielen Morde nichts außergewöhnliches wären. Es hat mich beim Lesen der Kritik von vor vier Jahren überrascht, dass ich die offensichtliche Referenz nicht weiter ausgearbeitet habe: in „Buffy“ geht es ebenso um die Idee, eine bestimmte Verantwortung auf sich zu nehmen, an einem Ort, der so offensichtlich heimgesucht wird, auch wenn dies alle Autoritätspersonen nicht zur Kenntnis nehmen (einer der stärksten Momente in „Buffy“ ist immer noch die Szene am Ende der dritten Staffel, in der Jonathan Buffy den „Class Protector Award“ dafür verleiht, dass ihr Jahrgang jener mit der geringsten Todesrate war). Auch wenn Buffy als „Heldin“ dazu auserwählt ist, das Böse zu bekämpfen, ist es doch immer wieder eine Entscheidung, sich zu stellen, und ihre Kraft schöpft sie aus der Unterstützung ihrer Freunde (die zumindest am Beginn der Serie mit keinerlei Superkräften ausgestattet sind). Das Element der Freiwilligkeit, der Entscheidung, die einem Pflichtgefühl, einer Verantwortung entspringt, die den sonst üblichen Autoritätspersonen abhanden gekommen ist, bildet die zentrale Idee von „Es“. Umso konsequenter, als einer der sieben ursprünglichen Helden diese Verantwortung ablehnt (Stanley begeht nach Mikes Anruf Selbstmord) und nicht alle den erneuten Gang in den Abgrund überleben. Ohne diese Fallhöhe wäre doch alles irrelevant, was passiert – wenn alle Charaktere in Sicherheit sind, hat ihr Handeln keinerlei Bedeutung, hat ihr Mut keinen Wert. Deswegen muss Wash am Ende von „Serenity“ sterben, deswegen überleben manche geliebte Charaktere das Finale von „Harry Potter“ nicht.


Ein entscheidender Unterschied zwischen „Buffy“ und „It“: während die Scoobies im Laufe der Serie von Jugendlichen zu Anfangzwanzigern werden, sind die Helden der ersten Zeitebene des Romans gerade erst dabei, von Kindern zu Jugendlichen zu werden. Das ist notwendig, weil es um die konkreten Ängste von Kindern (Werwölfe, Mumien, Clowns) im Vergleich zu den weniger greifbaren der Erwachsenen geht, erschwert für mich aber immer wieder die zentrale Szene in den Abwasserkanälen, in denen Beverly als einziges Mädchen in der Gruppe mit ihren sechs besten Freunden Sex hat, um einen sicheren Heimweg zu gewährleisten (die Szene ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum die zweiteilige Fernsehverfilmung von vor 20 Jahren bis jetzt nicht wieder aufgegriffen wurde – das Finale des Romans ist fast unmöglich zu verfilmen – TV Tropes nennt es „Deus Sex Machina“). Dabei ist die Beschreibung der kleinen Veränderungen, die den Übergang von Kindheit zu Teenager ausmachen, eines der gelungensten Elemente des Romans (vor allem Ben Hanscoms Sehnsucht nach Beverly Marsh). Ähnlich unglücklich ist die Entscheidung, Patrick Hockstetter (ein Jugendlicher, der selbst die brutale Gruppe um Henry Powers an Perversität und Gewalttätigkeit überbietet – ein Psychopath) dadurch als „pervers“ zu charakterisieren, dass Beverly ihn und Henry bei der gegenseitigen Masturbation beobachtet, begleitet mit dem Kommentar, dass sie nicht weiß, warum, aber sicher ist, etwas „Böses“ zu beobachten.

Das wahre Grauen lauert in „It“ nicht unbedingt in dem greifbaren Bösen, welches immer jene Form wählt, die das Opfer (immer Kinder) am meisten fürchtet, sondern in der alltäglichen Gewalt der Bewohner, in den apathischen oder grausamen Eltern, in den überforderten oder desiniteressierten und passiven Beobachtern, die sich dazu entscheiden, nicht einzugreifen, auch wenn sie es könnten. Die Zerstörung von „Es“ und seiner Brut ist nur ein Teil des Abschlusses; ebenso wichtig ist der endgültige Untergang von Derry, der wortwörtliche Einbruch Derrys in die Kanalisation, durch die sich das Böse überallhin ausbreiten konnte. Es sind diese Motive, die King immer wieder benutzt, die aber trotzdem nichts an Schrecken eingebußt haben: Die Tunnel, welche Menschen graben, die vielleicht ein bisschen zu tief in das Innere eindringen und ungewünschtes aufwühlen. Der Gedanke, dass die Monster unter dem Bett nicht nur der eigenen Vorstellungskraft entspringen.
One day in my hometown of Bangor, I was walking up the street and observed a dirty-faced boy of about 3 with scabbed knees and a look of extreme concentration on his face. He was sitting on the dirt strip between the sidewalk and the asphalt. He had a stick in his hand and kept jabbing it into the dirt. ''Get down there!'' he cried. ''Get down there, dammit! You can't come out until I say the Special Word! You can't come out until I say so!''
Several people passed by the kid without paying much attention (if any). I slowed, however, and watched as long as I could — probably because I have spent so much time telling the things inhabiting my own imagination to get back down and not come out until I say so. I was charmed by the kid's effortless make-believe (always assuming it was make-believe, heh-heh-heh). And a couple of things occurred to me. One was that if he had been an adult, the cops would have taken him away either to the drunk tank or to our local Dreamboat Manor for a psychiatric exam. Another was that kids exhibiting paranoid-schizophrenic tendencies are simply accepted in most societies. We all understand that kids are crazy until they hit 8 or so, and we cut their groovy, anything-goes minds some slack.
This happened around 1982, while I was getting ready to write a long story about children and monsters (It), and it influenced my thinking on that novel a great deal.
Stephen King: J.K. Rowling's Ministry of Magic

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