Monday 20 December 2010

Politikmetaphern

Donnerstags, Südtirolerplatz, etwa 23:00. 

Strecke A: Von der U-Bahn zur Schnellbahn. Hindernis: Rolltreppe, die nicht funktioniert. Außerdem eine Sperre, die beinahe bis zum Ende des Bahnsteigs geht, aber eben nur fast: konsequenterweise balanciert Person B, so wie alle Personen vor ihr, die bereits auf dem Bahnsteig auf den nächsten Zug warten (überraschend viele Pensionisten für die Uhrzeit, mehr dazu später), in Todesgefahr an der Absperrung vorbei, halb über dem Abgrund hängend. 
Dann: aus einer Entfernung von geschätzten fünfzig Metern zu schätzen versuchen, wann der nächste Zug kommt, was funktionieren würde, wenn es nur um die relativ groß angezeigte Uhrzeit ginge: stattdessen lässt eine gelegentlich durchlaufende Textzeile vermuten, dass der Zug Verspätung hat. 
20 Minuten später und etwa 50 beobachtete über dem Abgrund balancierende potentielle Fahrgäste später taucht die kollektive Vermutung auf, dass ein gröberes Problem aufgetreten sein könnte. Alternative Strecken werden überlegt, aber die Sorge, dass genau in dem Moment, in dem man den (immer noch einzig offensichtlichen) Weg zurück zur U-Bahn zurückgelegt hat, doch noch eine Schnellbahn kommen wird., überwiegt Deswegen: Ausharren. Eine nicht informative und nicht auf die persönliche Situation zugeschnittene Stimme erzählt von einem Polizeieinsatz weit genug entfert, um eine direkte Verbindung zur eigenen Lage (kalt; müde; frustriert) nicht erkennen zu lassen. Stattdessen bietet der gegenüberliegende Bahnsteig Unterhaltung, weil dort ein Reinigungsteam von sieben Leuten damit beschäftigt ist, eine Tür zu reinigen, die Person B (ohne entsprechende Berufserfahrung zu haben) im Geiste alleine in circa einem Viertel der Zeit säubert. Aber Hauptsache Unterhaltung. 
Weitere gebrechliche Menschen balancieren an der Barriere vorbei. Der Umstand, dass es weder weitere Durchsagen noch korrekte Informationen zum Ankommen des nächsten Zuges gibt, lässt Sorge über ihr Wohlbefinden aufkommen. Erkenntnis des Abends: Menschen, die alleine kommen, werfen einen Blick auf die wartende Menge von der falschen Seite der Absperrung und kehren mit der Vermutung, irgendwo einen Wegweiser übersehen zu haben, um, und werden nie wieder gesehen. Gruppen wagen gemeinsam den Übertritt. 
20 Minuten später kommt der Zug. Das Reinigungsteam ist immer noch beschäftigt.

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