Das von Stefan Kappacher geführte Mittagsjournal-Interview mit H.C. Strache letzten Samstag waren so ziemlich die unterhaltsamsten Minuten, die ich die letzten Wochen erlebt habe, und vielleicht die ersten merklichen Brüche innerhalb der standfesten Fassade der FPÖ Richtung Wahlerfolg 2013.
Erstens: missglückter (zumindest meiner Meinung nach) Versuch, die wiederholten Vereitelungen eines Neuwahlantrags im Kärntner Landtags durch Verlassen des Sitzungssaales der FPK mit der angekündigten Verfassungsklage gegen den ESM-Vertrag in Verbindung zu bringen.
"Die Freiheitlichen sind der einzige Österreichschutzmechanismus wenns darum geht, gegen die Rot-Schwarz-Grüne Allianz, die Österreich verraten hat, bei einem ESM-Diktat zur Verantwortung zu ziehen, mit einer ESM-Verfassungsgerichtshofsklage."
Die erste Hälfte des Interviews war essentiell ein "wie oft bringe ich ESM in einem Satz unter, wenn ich trotzdem noch Verben und Adjektive verwenden muss" (eine Lösung wäre vielleicht, zu ESMen und ESMisch zu sein).
Zweitens, die Fortsetzung des 2005 begonnenen Orwell'schen Projekts, jegliche Kontinuitäten zwischen FPÖ/FPK und BZÖ zu leugnen, obwohl sich das FPK erst 2009 vom Kärntner BZÖ abspaltete. Interessante Wendung im Interview: zwei Wochen zuvor hatte Strache noch davon gesprochen, dass sich Jörg Haider "korrumpieren" ließ, jetzt wurde er "eingefangen von dem System". Was es politisch mit einer Verteidigung Haiders ("zieht den toten Haider mit hinein, der isch nicht wehren kann") noch zu gewinnen gibt, weiß ich nicht, aber Martin Graf darf als Burschenschafter auch weiterhin wie ein Cartoonamboss über der Partei hängen, obwohl nichts schwieriger zu spinnen ist, als eine alte Frau, die sich beraubt fühlt.
Drittens, wortwörtlich: Strache (gefragt ob seine Forderung nach politischen Folgen bereits nach einer erstinstanzlichen Verurteilung) spricht von einem "Meinungsurteil" gegen Susanne Winter, der Interviewer entgegnet "der Paragraph heißt Verhetzung", Strache nennt Winter daraufhin "eine gerichtlich anerkannte Islamismuskritikerin". Letzte Woche wurde eine Freundin von mir von einem noch nicht gerichtlich anerkannten Besitzumverteiler besucht, der Fernseher ist trotzdem weg.
Viertens, Frank Stronachs neugegründete Partei (Programm bisher: zurück zum Schilling, Fla[a]t Ta[a]x), von Strache als "Wunsch des Rot-Schwarzen Systems, die Parteienlandschaft zu zersplittern, aus Angst vor der FPÖ" interpretiert (eine spannende Aussage, wenn man bedenkt, wer das Parteisystem zuletzt "zersplittert" hat, siehe Punkt 2). Nachdem man aber besser nicht zum Schmiedl geht, sieht Strache den "Steuerflüchtling, alten Mann ohne Zukunftsperspektiven" nicht als Bedrohung, auch wenn er nach den gleichen Wählern fischt (wobei er mit seiner Reform des Steuersystems wahrscheinlich genau so mit bisherigen ÖVP-Wählern rechnet, die sich bis jetzt von dem wackeligen aber immer noch existierenden FPÖ-Stigma abschrecken haben lassen und jetzt erleichtert ihrer Schillings-Nostalgie/ihrem EU-Feindbild frönen können).
Bonusrunde Stichwortbingo:
"Österreichischer Rotfunk"
"Zwangsgebührenzahler"
"Man geht zum Schmied"
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