Wednesday 7 March 2007

Alle reden von CSR

Vor ungefähr einer Woche sah ich im Rahmen von Oktos Oktofokus eine Diskussion zwischen Christian Felber (von Attac), Peter Köppl, Barbara Liegl und Roman Mesicek über CSR. Ein Transkript der ganzen Diskussion findet man hier, im übrigen ist es interessant zu beobachten, wer allein schon wegen der rhetorischen Fähigkeit besser aussteigt. Auf jeden Fall hatte ich zuvor noch nie etwas von Corporate Social Responsibility gehört, bzw. kein Wort für das "seht uns an, wir sind so sozial" Gehabe diverser Konzerne gehabt(zum Beispiel die Werbespots von Puma vor der WM, die zwar recht niedlich und schön anzusehen waren, aber doch die Frage aufwerfen, was hinter dieser Fassade steckt).
Ich nehme neue Diskursfelder immer erst ernst, wenn sie in mehr als einem Medium meiner Wahl auftauchen: so ein zeitgeistiges Diskussionspotential braucht auch seine Zeit, um sich zu verbreiten, es sei denn, es ist ein hochgepushtes Lauffeuer wie diese elendigen und undurchdachten Feuilleton-Abhandlungen über Second Life und Web 2.0. Heute dann war es so weit: Falter, Seite 11f, "Kaufen und die Welt retten". Der Artikel ist leider nicht online, aber ich hoffe, dass ich nicht allzu schrecklich gehaut werde, wenn ich Robert Misik zitierte.

"Fair Trade ist zurzeit ein Hype. Aber, wie ein US-Magazin unlängst fragte: "More Hype than Hope?" [...] Ein Problem des Moralkonsums ist, dass der Eindruck erweckt wird, vernüfntiges Shopping könne Regeln ersetzten. Der "Buykott", der unmoralische Marken bestraft, indem er moralische erwirbt, funktioniert nur in ausgewählten Marktsegmenten, während manche Sparten das Aggressive praktisch in ihr Geschäftsmodell eingeschrieben ist."

Der Wikipedia-Artikel dazu ist als Einstieg sehr zu empfehlen, da er die Basispunkte zusammenfasst. Die einzige wirkliche Motivation eines Unternehmens, medienwirksam CSR (zu betreiben? zu haben? zu propagieren?) ist, dass ein besseres Image üblicherweise zu einer Gewinnsteigerung führt. Das ist eine recht absurde Situation: einererseits trifft hier auch ein Punkt zu, der in vielen Diskussionen über Second Life einfach übersehen wurde, wo mit einem gewissen Maß an Verwunderung beobachtet wurde, dass Menschen bereit sind, für nicht-reale Objekte echtes Geld zu bezahlen. Im Prinzip ist es egal, ob Prestige-Objekte echt oder digital sind, hauptsache, sie sind herzeigbar. Und wenn es gerade in bestimmten Bereichen, wenn auch niemals in allen (wer macht sich denn wirklich darüber Gedanken, ob ein Fernseher, Blumen oder Chips fair hergestellt wurden?), "in" ist, wenn CSR drauf steht, und ein Prestige-Objekt seine Wirkung verliert, wenn das nicht der Fall ist, wird der Konsument häufig auch bereit sein, einen höheren Preis zu zahlen. Im Prinzip ist CSR somit eine ähnliche Sparte wie "Bio" oder diese ganzen fettreduzierten Diätprodukte. Gezahlt wird für das Lebensgefühl, nicht für die Kosten der Herstellung, des Transports etc.
Da CSR eine Art freiwillige Selbstkontrolle ist, die dann medienwirksam an den potentiellen Konsumenten weiterkommuniziert wird, ist sie für das Unternehmen auch weitaus angenehmer als von Regierungen festgelegte Standards, an die sich das Unternehmen halten MUSS. Dass eine Fabrik den gesetzlich festgelegten Umweltstandards entspricht, ist ja nichts, womit Konsumenten beeindruckt werden könnten.

Link:
Milton Friedman: The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits (argumentiert, dass sich Unternehmen auf die Gewinnsteigerung konzentrieren müssen)

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