
In "Wolfsburg" ist es ein Autounfall, der eine Beziehung zwischen den beiden Protagonisten Benno Führmann (Philip) und Nina Hoss (Laura) etabliert. Philip, in seinem roten Angeberauto sitzend, streitet mit seiner Freundin und überfährt einen kleinen Jungen. Danach begeht er Fahrerflucht. Die Mutter des Jungen sehne wir das erste Mal auf dem Bildschirm einer Überwachungskamera – sie arbeitet in einem kühlen Lebensmittelgroßmarkt, aber wir sehen ihn immer nur vor oder nach den Geschäftszeiten, leer. Wenn sie raus will, muss sie ihre Taschen ausräumen, bevor sie nach Hause gehen darf. Gemeinsam mit einer Kollegin unterläuft sie das System, in dem sie Lebensmittel rausschmuggelt. Die beiden verständigen sich über ihre Situation und ihr Vorgehen nahezu wortlos.
Wie Philip nach einer Versöhnung mit seiner Freundin, mit der er ein eiskaltes Designerhaus bewohnt, sein Geständnis probt, auf dem Weg zum Krankenhaus, seine Entschuldigung ist ein weiteres Meisterstück von Petzold. Er ist Autohändler. Er weiß, wie er Menschen manipulieren kann, er ist es gewohnt, Geschichten zu erzählen. Wie viel Ehrlichkeit in dieser ersten Reue steckt, weiß der Zuseher einfach nicht, aber er klingt wie Toni bei dem Freundinnen-Casting, ein Mensch, der eine Geschichte erzählt, von der er glaubt, dass sie der Gegenüber so hören will.
Die Reaktion: Lass uns verreisen, lass uns heiraten. Bei Petzold passiert das Drama immer ganz leise. Der Junge stirbt. Wir sehen ihn nicht, den erwarteten Zusammenbruch, das Heulen, und das nächste Mal, dass wir Laura sehen, ist sie in einer Anstalt, nach einem Selbstmordversuch. Inzwischen hat Philip beides getan, geheiratet und nach Cuba verreisen, aber so einfach vergessen Menschen nicht. Philip muss sie wiedersehen, und sie such fieberhaft nach dem Mörder ihres Sohnes. Die Erkenntnis muss im schlimmsten Moment kommen. Am Ende steht wieder ein Unfall.
2003, Regie: Christian Petzold, mit Benno Fürmann, Nina Hoss, Antje Westermann, Astrid Meyerfeldt, Matthias Matschke, Soraya Gomaa, Stephan Kampwirth
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