Im Leben der "Microserfs" passierte nicht viel, und der "Generation X" geschieht per definition selten etwas außergewöhnliches, weswegen sie sich ihre großen Legenden auch selbst erfinden und gegenseitig erzählen muss. Das machte auch den Charme der ersten Coupland-Romane aus: wenn etwas geschah, mit dem sich die Protagonisten überfordert sahen, reagierten sie mit stoischem slacker-tum. Selbst nach dem Ende der Welt in "Girlfriend in a Coma" denken sie mehr über Filme nach, als über die Konsequenzen.
Der Bruch muss vor einigen Jahren passiert sein, als plötzlich viel zu viel passierte, was darin mündete, dass nicht einmal die wohlmeinensten Kritiker eine gute Seite an "All Families Are Psychotic" finden konnten. Die Stärke Couplands, gerade in die Banalität des täglichen Lebens Poesie zu legen, und Erzählerstimmen zu kreieren, denen sich der Leser nach wenigen Seiten verbunden fühlt, wird plötzlich von einem Bedürfnis überschrieben, so schräg und unrealistisch wie möglich zu erzählen: was schließlich eher wie slapstick wirkt als wie ein ernsthafter Roman, in dem ein Sinn stecken könnte.
"Jpod" versprach, an die alten Stärken anzuschließen. Schließlich ist es eine Art Sequel zu Microserfs, auch wenn es eher eine thematische Fortsetzung im 21. Jahrhundert ist. Im Mittelpunkt stehen nicht die Programmierfarmen von Microsoft, sondern eine an "Electronic Arts" angelehnte Spieleschmiede. Kreativer ist das Leben der im Jpod versammelten Mitarbeiter, deren Namen alle mit J anfangen, trotzdem nicht. Ethan Jarlewski, Erzählerstimme, führt ein weitaus langweiligeres Leben als seine Eltern: Seine Mutter betreibt einen Marihuana-grow-up im elterlichen Keller und tötet unabsichtlich einen säumigen Kunden per Elektroschock, der Vater versucht sich im Alter noch als Schauspieler, womit er aber keinen sonderlichen Erfolg hat, und hat Affären mit jüngeren Frauen, und Ethans Bruder ist einerseits Immobilienmakler, andererseits Teil einer Schmugglerrings, der Chinesen durchs Land fährt und diese schon mal in Ethans Wohnung zwischenlagert. Kurz: es passiert zu viel, und im Laufe der nächsten 554 Seiten (die aber auch teils einfach mit 100 000 Stellen von Pi, random numbers und der aus "Microserfs" bekannten, aber hier eher oberflächlichen weil kontextlosen, subconscious poetry gefüllt sind) wird Ethan nach China reisen, eine Leiche wieder ausbuddeln, Douglas Coupland höchstpersönlich treffen und feststellen, dass dieser nicht gerade nett ist, und so weiter. Ein Mittel gegen AIDS wird diesmal nicht gefunden, aber trotzdem verstecken sich die poetischen, schönen Momente dermaßen gründlich, dass man sie kaum findet. Dementsprechend auch das Review, welches das Cover ziert: "Very funny". Nun muss man mal ganz tief in sich selbst gehen und darüber nachdenken, ob das wirklich die Qualität ist, die man an Coupland bis jetzt geschätzt hat.
Andererseits ist dies auch eine neue Generation, nicht mehr die Generation X, die bis jetzt im Mittelpunkt gestanden hat, sondern jene, die um 1980 geboren sind, also in den 90ern aufgewachsen sind. Offensichtlich traut Coupland ihnen den Tiefsinn nicht zu, den er der Generation X gegeben hat, aber deren Antriebslosigkeit haben sie geerbt. Sie stellen keine großen Fragen mehr. Und das ist schade, weil Jpod dadurch immer nur an der Oberfläche kratzt und scheinbar auch nicht mehr will als das.
Ach: Ab 2008 gibt es im canadischen Fernsehen eine Serie, die auf dem Buch basiert.
Der Bruch muss vor einigen Jahren passiert sein, als plötzlich viel zu viel passierte, was darin mündete, dass nicht einmal die wohlmeinensten Kritiker eine gute Seite an "All Families Are Psychotic" finden konnten. Die Stärke Couplands, gerade in die Banalität des täglichen Lebens Poesie zu legen, und Erzählerstimmen zu kreieren, denen sich der Leser nach wenigen Seiten verbunden fühlt, wird plötzlich von einem Bedürfnis überschrieben, so schräg und unrealistisch wie möglich zu erzählen: was schließlich eher wie slapstick wirkt als wie ein ernsthafter Roman, in dem ein Sinn stecken könnte.
"Jpod" versprach, an die alten Stärken anzuschließen. Schließlich ist es eine Art Sequel zu Microserfs, auch wenn es eher eine thematische Fortsetzung im 21. Jahrhundert ist. Im Mittelpunkt stehen nicht die Programmierfarmen von Microsoft, sondern eine an "Electronic Arts" angelehnte Spieleschmiede. Kreativer ist das Leben der im Jpod versammelten Mitarbeiter, deren Namen alle mit J anfangen, trotzdem nicht. Ethan Jarlewski, Erzählerstimme, führt ein weitaus langweiligeres Leben als seine Eltern: Seine Mutter betreibt einen Marihuana-grow-up im elterlichen Keller und tötet unabsichtlich einen säumigen Kunden per Elektroschock, der Vater versucht sich im Alter noch als Schauspieler, womit er aber keinen sonderlichen Erfolg hat, und hat Affären mit jüngeren Frauen, und Ethans Bruder ist einerseits Immobilienmakler, andererseits Teil einer Schmugglerrings, der Chinesen durchs Land fährt und diese schon mal in Ethans Wohnung zwischenlagert. Kurz: es passiert zu viel, und im Laufe der nächsten 554 Seiten (die aber auch teils einfach mit 100 000 Stellen von Pi, random numbers und der aus "Microserfs" bekannten, aber hier eher oberflächlichen weil kontextlosen, subconscious poetry gefüllt sind) wird Ethan nach China reisen, eine Leiche wieder ausbuddeln, Douglas Coupland höchstpersönlich treffen und feststellen, dass dieser nicht gerade nett ist, und so weiter. Ein Mittel gegen AIDS wird diesmal nicht gefunden, aber trotzdem verstecken sich die poetischen, schönen Momente dermaßen gründlich, dass man sie kaum findet. Dementsprechend auch das Review, welches das Cover ziert: "Very funny". Nun muss man mal ganz tief in sich selbst gehen und darüber nachdenken, ob das wirklich die Qualität ist, die man an Coupland bis jetzt geschätzt hat.
Andererseits ist dies auch eine neue Generation, nicht mehr die Generation X, die bis jetzt im Mittelpunkt gestanden hat, sondern jene, die um 1980 geboren sind, also in den 90ern aufgewachsen sind. Offensichtlich traut Coupland ihnen den Tiefsinn nicht zu, den er der Generation X gegeben hat, aber deren Antriebslosigkeit haben sie geerbt. Sie stellen keine großen Fragen mehr. Und das ist schade, weil Jpod dadurch immer nur an der Oberfläche kratzt und scheinbar auch nicht mehr will als das.
Ach: Ab 2008 gibt es im canadischen Fernsehen eine Serie, die auf dem Buch basiert.
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