Joss Whedon's "Buffy the Vampire Slayer" funktionierte nach folgendem Prinzip : Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junger Mensch, dem der Zufall beziehungsweise höhere Mächte eine Rolle zugeteilt hat, welche mit großer Verantwortung verbunden ist. Diese Aufgabe muss sie alleine erfüllen, allerdings ist das, was ihr Leben trotzdem noch wertvoll und erträglich macht, die Freundschaft. So sind die wahren Helden in dieser Geschichte nicht jene, die zu höherem berufen sind, sondern die, die sich bereitwillig und gänzlich freiwillig aus Liebe aufopfern, ohne dafür den Ruhm zu ernten. Die wahren Identifikationsfiguren sind Willow und Xander, nicht Buffy selbst, und diesem Kern, der von Anfang an bestanden hat, darf bis zum Ende nichts geschehen. Sie mögen schwerstens verwundet werden, ihre Liebsten verlieren, aber sie dürfen nicht endgültig sterben. Das schlimmste, dass geschehen könnte, wäre eben der Tod einer dieser Figuren, denn bei Buffy weiß man ja, dass sie überleben muss und auch aus dem Reich der Toten zurückkehren wird. Das worst case scenario wurde in der vielseitig als zu düster abgelehnten sechsten Staffel durchexerziert: wenn einer der engsten Freunde zum Feind wird, fallen alle Grenzen. Aber im Kern geht es um Liebe, um Freundschaft, nicht unbedingt um die große Verantwortung. Insofern war "Buffy" viel formaler und strenger als "Angel" und auch "Serenity", die Fortsetzung der viel zu kurzen Serie "Firefly".
Was das mit Harry Potter zu tun hat? Viel, wie sich vor allem nach dem Ende der Serie herausgestellt hat. Die Parallelen zwischen Joss Whedons und J. K. Rowlings Welt sind nicht so frappierend wie die Ähnlichkeiten der Konflikte und menschlichen Beziehungen, der Strukturen. Natürlich, im Kern erzählen die meisten intelligenten Superhelden-Serien (und das ist doch Harry Potter im Kern) die gleichen Konflikte, da passt nicht viel zwischen Peter Parkers Zerrissenheit zwischen großer Liebe und ungleich größerer Verantwortung und Harrys ihm vorgegeben Schicksal. Allesamt sind sie ohne viel eigenes Zutun in eine schwer zu lösende Situation gelangt, die sie gleichzeitig immer in Gefahr bringt, zur falschen Seite zu wechseln oder gar aufzugeben. Sie alle wünschen sich insgeheim ein ganz normales Leben, welches ihnen jedoch verwehrt ist, zumindest, bis sie einen Ausweg gefunden haben, ihr großer Gegner besiegt ist oder die Verantwortung basisdemokratisch auf viele andere verteilt ist (was die geniale Auflösung von Buffy war, indem dieser Grundsatz, der als festgeschriebene Regel galt, einfach umgeworfen wurde: the chosen one wird zu einer von vielen).
Doch bleiben wir beim fünften Band der Serie. Harry ist 15, und die Welt vergrößert sich, oder, der Konflikt verlagert sich. In der verdichteten Verfilmung des breitesten (größenmäßig und inhaltlich) Bandes wird dies noch deutlicher, da der Zuseher in die Handlung hineingeworfen wird, die diesmal nicht der üblichen Formel folgt. Wir beginnen wiederum am Ende der Sommerferien, die Harry wie immer bei seiner verhassten Onkel und Tante am englischen Land verbringen muss, doch jetzt fällt jegliche Kinderfilm-Idylle (die ersten paar Verfilmungen von Harry Potter sahen da immer aus wie "Mathilda", kluges, nettes Kind wartet auf liebevollere Familie, und alles wirkt eher wirklichkeitsfern) weg. Der böse Cousin Dursley sieht aus wie ein Dorf-Prolet und terrorisiert kleinere Kinder, und Harry, dem der Schauspieler Daniel Radcliffe langsam aber doch über den Kopf weg, brütet, schließlich wird er immer noch von Alpträumen geplagt, die sein erstes Aufeinandertreffen mit Voldemort und dessen Mord an Cedric ausgelöst haben. Gewissermaßen hat die Serie mit diesem ersten Opfer seine Unschuld verloren und alle Kindlichkeit abgelegt, und nun muss sich der neue Regisseur an dieser gesteigerten Ernsthaftigkeit abarbeiten. Was bisher ein Konflikt zwischen Harry und Voldemort war, in dem er einige sichere Verbündete hatte, ist inzwischen weitaus komplexer: Harry weiß, dass der, dessen Namen die meisten nicht aussprechen wollen, zurückgekehrt ist, doch dem Establishment, der Politik, fehlt der Glaube. Politik, die bisher ausgeblendet blieb, rückt plötzlich regelrecht in die Kernaufmerksamkeit des Buches und des Films. Nachdem Harry mit Müh und Not Dementoren, die schrecklichsten Kreaturen, welche einst Askaban bewachten, aber nun zu Voldemorts Seite übergewechselt sind, abgewehrt hat, wird er vom gestrengen Regime von Hogwarts ausgeschlossen. Schließlich hat er Magie in der Gegenwart eines Muggles angewendet, und selbst wenn er dadurch das Leben seines Cousins gerettet hat -- dies bietet eine willkommene Möglichkeit für den Premierminister der wizarding world, dem gefährlichen Jungen noch mehr Glaubwürdigkeit zu entziehen. Das auch dort vorherrschende Medienmonopol macht bereitwillig mit. Was in dem Film weniger vermittelt wird als im Buch, also Vorwissen voraussetzt ist, dass Harry den ganzen Sommer über nichts von seinen beiden Freunden Ron und Hermione gehört hat: dem Konflikt, der am Anfang des Buches zwischen den Freunden aufkommt, wird hier überhaupt wenig Platz eingeräumt. Harry nimmt sich selbst mehr und mehr als Einzelkämpfer war, der sich auf niemanden wirklich verlassen kann (eine weitere Parallele zu Buffy). Er muss erst lernen, dass diese Freunde einen guten Teil seiner Stärke ausmachen.
Einerseits gibt es also eine innere Krise, jene Harrys, der herausfinden muss, was seine Aufgabe ist und wie seine Umwelt sich einfügt. Andererseits beginnt hier eine größere, politische Krise, wobei es Rowling ihren Lesern immer überlässt, dabei Parallelen zur richtigen Welt zu ziehen: dies ist gewissermaßen ein Eingeständnis an die älteren Leser, die einerseits aus jenen Jungen besteht, die mit der Serie groß geworden sind und jetzt andere Erwartungen haben als vor zehn Jahren, andererseits aus jenen, die sich einfach dazugefunden haben im Laufe der Jahre. Das politische Establishment der Zauberer und Hexen ist nicht anders als jenes der "Muggles": eine Krisensituation wird verleugnet, ihre Propheten als Lügner dargestellt, und die ergriffenen Maßnahmen beugen der Katastrophe nicht vor, sie beschwören sie geradezu herauf. Der "minister" inszeniert sich selbst als big brother artige Gestalt, die trotz der geleugneten Krise ein Kontrollregime gegen den potentiellen politischen Gegner errichtet: Fudge sieht nämlich nichts anderes in dem zu eigenständigen Hogwarts unter der Leitung des charismatischen Dumbledore.
Und so ist, als Harry schließlich doch nach Hogwarts zurückkehren darf, nichts mehr wie zuvor. Seine letzte sichere Festung, für ihm immer eine Heimat, bröckelt, den einerseits glauben ihm seine früheren Freunde nicht wirklich, dass der Dark Lord tatsächlich zurückgekehrt ist, und andererseits errichtet die vom Minister in Hogwarts erstmals als defense of the dark arts teacher eingeschummelte Dolores Umbridge Schritt für Schritt ein totalitären Regime in der Zauberschule. Während draußen immer mehr Zauberer verschwinden, die Death Eaters (so nennen sich jene, die Voldemort folgen) erneuten Zulauf finden und die Dementoren nicht nur in der Zauberwelt, sondern auch unter den Muggles, Verwüstung anrichten, dürfen die potentiellen zukünftigen Gegner Fudge (der besorgt ist, dass Dumbledore mit seinen Schülern eine Armee gegen ihn errichten könnte) nicht lernen, wie sie sich dagegen wehren könnten. Wissen ist Macht, und genau diese will Umbridge einschränken. Wer den Film gesehen hat oder zumindest Bilder der älteren, kleinen Frau gesehen hat, weiß, an wen sie ästhetisch und ideologisch angelehnt ist: sie ist nichts anderes als eine noch grausamere Variante Margaret Thatchers, die zur Durchsetzung ihrer Vorstellung einer konformistischen Gesellschaft dazu bereit ist, ihre eigenen Schüler mit fürchterlichen Methoden körperlich zu quälen. Harry kommt als erster in den Genuss ihres bevorzugten Folterinstruments: eine Füllfeder, die, wenn mit ihr geschrieben wird, eine blutige Spur auf der Haut hinterlässt. "I must not lie" gräbt sich also tief in die Hand des jungen Harry ein, der nun eine weitere schwere Wahrheit lernt: dass er sich tatsächlich nur auf seine Freunde verlassen kann, und hier sogar die große Politik gänzlich versagt, sogar zum Feind wird.
Das besondere am fünften Film ist, dass sich die Düsternis immer weiter verstärkt und einfach nicht aufgelockert ist: wo in den vergangenen Jahren wenigstens noch das Quidditch-Turnier für ein kurzes Aufatmen sorgte, oder ein Schulball einen halbwegs normalen Alltag in das Leben der Kinder einhauchte, hat das Leiden hier kein Ende. Harry wird zum Führer von Dumbledores Armee, einer Gruppe von Schülern, die sich selbst die Verteidigung gegen das Böse beibringt. Zwei neue Charaktere rücken dabei in das Zentrum der Aufmerksamkeit, die einen weiteren großen Pluspunkt der Serie verkörpern: sowohl Neville als auch Luna Lovegood würden wohl auch in einer normalen Menschenschule zu den großen Gewinnern gehören, und doch sind es hier die geeks und die nerds, die den Mut und die Courage aufbringen, sich dem scheinbar unbesiegbaren Bösen entgegenzustellen, und das ganz ohne große Bestimmung oder Berühmtheit wie Harry.
Während sich Umbridges Einfluss weiter ausbreitet und sich die Reihe der Verhaltensanordnungen, die symbolisch an die Mauer gehämmert werden, immer größer wird (darunter aussagekräftiges wie "das Gründen einer geheimen Vereinigung ist verboten"), regt sich also Widerstand in den Reihen der Schüler. Man könnte meinen, eine kleine Revolution läge in der Luft, die gegen Ende des Filmes in einer kurzen Auflockerung tatsächlich beinahe ausbricht: als nämlich Fred und George, Rons gewiefte Zwillingsbrüder, aus humanen Gründen beschließen, dass das Bildungssystem keine Zukunft für sie birgt, und wie es sich gehört, ist ihr Abschied keineswegs leise.
In "The Order of Phoenix" steht Harry Potter auf der Kippe. Er muss erkennen, dass seine Verbindung zu Voldemort stärker wird (er erahnt dessen Gedanken in seinem Kopf), und dies entfremdet ihn natürlich von seinem Umfeld: doch am Ende steht auch eine richtige Entscheidung, als er seinen geliebten und gerade erst gefundenen Patenonkel Sirius in Gefahr wähnt, geht er nicht alleine, sondern mit Ron, Hermione, Luna und Neville. Er mag vielleicht der Held sein, doch das, was ihn von seinem ultimativen Gegner unterscheidet, ist seine Fähigkeit zu lieben. Das grandiose Finale bringt einen großen Verlust für Harry und keine wirkliche Erleichterung --- der große Bogen zum Ende hat begonnen.
Was das mit Harry Potter zu tun hat? Viel, wie sich vor allem nach dem Ende der Serie herausgestellt hat. Die Parallelen zwischen Joss Whedons und J. K. Rowlings Welt sind nicht so frappierend wie die Ähnlichkeiten der Konflikte und menschlichen Beziehungen, der Strukturen. Natürlich, im Kern erzählen die meisten intelligenten Superhelden-Serien (und das ist doch Harry Potter im Kern) die gleichen Konflikte, da passt nicht viel zwischen Peter Parkers Zerrissenheit zwischen großer Liebe und ungleich größerer Verantwortung und Harrys ihm vorgegeben Schicksal. Allesamt sind sie ohne viel eigenes Zutun in eine schwer zu lösende Situation gelangt, die sie gleichzeitig immer in Gefahr bringt, zur falschen Seite zu wechseln oder gar aufzugeben. Sie alle wünschen sich insgeheim ein ganz normales Leben, welches ihnen jedoch verwehrt ist, zumindest, bis sie einen Ausweg gefunden haben, ihr großer Gegner besiegt ist oder die Verantwortung basisdemokratisch auf viele andere verteilt ist (was die geniale Auflösung von Buffy war, indem dieser Grundsatz, der als festgeschriebene Regel galt, einfach umgeworfen wurde: the chosen one wird zu einer von vielen).
Doch bleiben wir beim fünften Band der Serie. Harry ist 15, und die Welt vergrößert sich, oder, der Konflikt verlagert sich. In der verdichteten Verfilmung des breitesten (größenmäßig und inhaltlich) Bandes wird dies noch deutlicher, da der Zuseher in die Handlung hineingeworfen wird, die diesmal nicht der üblichen Formel folgt. Wir beginnen wiederum am Ende der Sommerferien, die Harry wie immer bei seiner verhassten Onkel und Tante am englischen Land verbringen muss, doch jetzt fällt jegliche Kinderfilm-Idylle (die ersten paar Verfilmungen von Harry Potter sahen da immer aus wie "Mathilda", kluges, nettes Kind wartet auf liebevollere Familie, und alles wirkt eher wirklichkeitsfern) weg. Der böse Cousin Dursley sieht aus wie ein Dorf-Prolet und terrorisiert kleinere Kinder, und Harry, dem der Schauspieler Daniel Radcliffe langsam aber doch über den Kopf weg, brütet, schließlich wird er immer noch von Alpträumen geplagt, die sein erstes Aufeinandertreffen mit Voldemort und dessen Mord an Cedric ausgelöst haben. Gewissermaßen hat die Serie mit diesem ersten Opfer seine Unschuld verloren und alle Kindlichkeit abgelegt, und nun muss sich der neue Regisseur an dieser gesteigerten Ernsthaftigkeit abarbeiten. Was bisher ein Konflikt zwischen Harry und Voldemort war, in dem er einige sichere Verbündete hatte, ist inzwischen weitaus komplexer: Harry weiß, dass der, dessen Namen die meisten nicht aussprechen wollen, zurückgekehrt ist, doch dem Establishment, der Politik, fehlt der Glaube. Politik, die bisher ausgeblendet blieb, rückt plötzlich regelrecht in die Kernaufmerksamkeit des Buches und des Films. Nachdem Harry mit Müh und Not Dementoren, die schrecklichsten Kreaturen, welche einst Askaban bewachten, aber nun zu Voldemorts Seite übergewechselt sind, abgewehrt hat, wird er vom gestrengen Regime von Hogwarts ausgeschlossen. Schließlich hat er Magie in der Gegenwart eines Muggles angewendet, und selbst wenn er dadurch das Leben seines Cousins gerettet hat -- dies bietet eine willkommene Möglichkeit für den Premierminister der wizarding world, dem gefährlichen Jungen noch mehr Glaubwürdigkeit zu entziehen. Das auch dort vorherrschende Medienmonopol macht bereitwillig mit. Was in dem Film weniger vermittelt wird als im Buch, also Vorwissen voraussetzt ist, dass Harry den ganzen Sommer über nichts von seinen beiden Freunden Ron und Hermione gehört hat: dem Konflikt, der am Anfang des Buches zwischen den Freunden aufkommt, wird hier überhaupt wenig Platz eingeräumt. Harry nimmt sich selbst mehr und mehr als Einzelkämpfer war, der sich auf niemanden wirklich verlassen kann (eine weitere Parallele zu Buffy). Er muss erst lernen, dass diese Freunde einen guten Teil seiner Stärke ausmachen.
Einerseits gibt es also eine innere Krise, jene Harrys, der herausfinden muss, was seine Aufgabe ist und wie seine Umwelt sich einfügt. Andererseits beginnt hier eine größere, politische Krise, wobei es Rowling ihren Lesern immer überlässt, dabei Parallelen zur richtigen Welt zu ziehen: dies ist gewissermaßen ein Eingeständnis an die älteren Leser, die einerseits aus jenen Jungen besteht, die mit der Serie groß geworden sind und jetzt andere Erwartungen haben als vor zehn Jahren, andererseits aus jenen, die sich einfach dazugefunden haben im Laufe der Jahre. Das politische Establishment der Zauberer und Hexen ist nicht anders als jenes der "Muggles": eine Krisensituation wird verleugnet, ihre Propheten als Lügner dargestellt, und die ergriffenen Maßnahmen beugen der Katastrophe nicht vor, sie beschwören sie geradezu herauf. Der "minister" inszeniert sich selbst als big brother artige Gestalt, die trotz der geleugneten Krise ein Kontrollregime gegen den potentiellen politischen Gegner errichtet: Fudge sieht nämlich nichts anderes in dem zu eigenständigen Hogwarts unter der Leitung des charismatischen Dumbledore.
Und so ist, als Harry schließlich doch nach Hogwarts zurückkehren darf, nichts mehr wie zuvor. Seine letzte sichere Festung, für ihm immer eine Heimat, bröckelt, den einerseits glauben ihm seine früheren Freunde nicht wirklich, dass der Dark Lord tatsächlich zurückgekehrt ist, und andererseits errichtet die vom Minister in Hogwarts erstmals als defense of the dark arts teacher eingeschummelte Dolores Umbridge Schritt für Schritt ein totalitären Regime in der Zauberschule. Während draußen immer mehr Zauberer verschwinden, die Death Eaters (so nennen sich jene, die Voldemort folgen) erneuten Zulauf finden und die Dementoren nicht nur in der Zauberwelt, sondern auch unter den Muggles, Verwüstung anrichten, dürfen die potentiellen zukünftigen Gegner Fudge (der besorgt ist, dass Dumbledore mit seinen Schülern eine Armee gegen ihn errichten könnte) nicht lernen, wie sie sich dagegen wehren könnten. Wissen ist Macht, und genau diese will Umbridge einschränken. Wer den Film gesehen hat oder zumindest Bilder der älteren, kleinen Frau gesehen hat, weiß, an wen sie ästhetisch und ideologisch angelehnt ist: sie ist nichts anderes als eine noch grausamere Variante Margaret Thatchers, die zur Durchsetzung ihrer Vorstellung einer konformistischen Gesellschaft dazu bereit ist, ihre eigenen Schüler mit fürchterlichen Methoden körperlich zu quälen. Harry kommt als erster in den Genuss ihres bevorzugten Folterinstruments: eine Füllfeder, die, wenn mit ihr geschrieben wird, eine blutige Spur auf der Haut hinterlässt. "I must not lie" gräbt sich also tief in die Hand des jungen Harry ein, der nun eine weitere schwere Wahrheit lernt: dass er sich tatsächlich nur auf seine Freunde verlassen kann, und hier sogar die große Politik gänzlich versagt, sogar zum Feind wird.
Das besondere am fünften Film ist, dass sich die Düsternis immer weiter verstärkt und einfach nicht aufgelockert ist: wo in den vergangenen Jahren wenigstens noch das Quidditch-Turnier für ein kurzes Aufatmen sorgte, oder ein Schulball einen halbwegs normalen Alltag in das Leben der Kinder einhauchte, hat das Leiden hier kein Ende. Harry wird zum Führer von Dumbledores Armee, einer Gruppe von Schülern, die sich selbst die Verteidigung gegen das Böse beibringt. Zwei neue Charaktere rücken dabei in das Zentrum der Aufmerksamkeit, die einen weiteren großen Pluspunkt der Serie verkörpern: sowohl Neville als auch Luna Lovegood würden wohl auch in einer normalen Menschenschule zu den großen Gewinnern gehören, und doch sind es hier die geeks und die nerds, die den Mut und die Courage aufbringen, sich dem scheinbar unbesiegbaren Bösen entgegenzustellen, und das ganz ohne große Bestimmung oder Berühmtheit wie Harry.
Während sich Umbridges Einfluss weiter ausbreitet und sich die Reihe der Verhaltensanordnungen, die symbolisch an die Mauer gehämmert werden, immer größer wird (darunter aussagekräftiges wie "das Gründen einer geheimen Vereinigung ist verboten"), regt sich also Widerstand in den Reihen der Schüler. Man könnte meinen, eine kleine Revolution läge in der Luft, die gegen Ende des Filmes in einer kurzen Auflockerung tatsächlich beinahe ausbricht: als nämlich Fred und George, Rons gewiefte Zwillingsbrüder, aus humanen Gründen beschließen, dass das Bildungssystem keine Zukunft für sie birgt, und wie es sich gehört, ist ihr Abschied keineswegs leise.
In "The Order of Phoenix" steht Harry Potter auf der Kippe. Er muss erkennen, dass seine Verbindung zu Voldemort stärker wird (er erahnt dessen Gedanken in seinem Kopf), und dies entfremdet ihn natürlich von seinem Umfeld: doch am Ende steht auch eine richtige Entscheidung, als er seinen geliebten und gerade erst gefundenen Patenonkel Sirius in Gefahr wähnt, geht er nicht alleine, sondern mit Ron, Hermione, Luna und Neville. Er mag vielleicht der Held sein, doch das, was ihn von seinem ultimativen Gegner unterscheidet, ist seine Fähigkeit zu lieben. Das grandiose Finale bringt einen großen Verlust für Harry und keine wirkliche Erleichterung --- der große Bogen zum Ende hat begonnen.
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