Wednesday 10 October 2007

Essay: Das österreichische Asylverfahren

Eine Ergänzung:
Das Recht auf Asyl leitet sich von der Genfer Flüchtlingskonvention ab, laut der jede Person , die

"aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will"

Recht auf Asyl haben. Diese Konvetion wurde 1951 ausgearbeitet, um zu verhindern, dass Flüchtenden die Einreise in ein anderes Land verweigert wird und sie somit dem Völkermord ausgeliefert wären. Das heißt, die Genfer Flüchtlingskonvention ist eine Reaktion auf den Holocaust. Das Recht auf Asyl ist kein Gnadenakt. Diese enge Definition schließt allerdings Menschen aus, die etwa aus wirtschaftlichen Gründen fliehen, aber auch jene, die lediglich vor einem Krieg flüchten - in diesem Fall wird in Österreich kein Asylrecht ausgesprochen, wohl aber ein Aufenthaltstitel, da eine sichere Rückkehr ins Heimatland nicht möglich wäre. Dieser Aufenthaltstitel muss alle 1-2 Jahre verlängert werden und endet, wenn die Situation im Heimatland eine sichere Rückkehr ermöglicht. Der Titel "subsidiärer Schutz" ist besonders prekär, da damit nicht automatisch eine Arbeitsgenehmigung verbunden ist.
Das Problem: Das Verfahren, in dem festgestellt wird, ob ein Flüchtender nun Asyl erhält oder nicht, ob er tatsächlich ein Flüchtling entsprechend der Genfer Konvention ist, liegt in den Händen der Nationalstaaten. Das österreichische Asylverfahren läuft so ab: Flüchtlinge kommen meist illegal ins Land, haben nicht immer alle Papiere dabei. Der Asylantrag muss in Österreich gestellt werden, in Botschaften außerhalb des Landes nur, wenn sich bereits Familienangehörige in Österreich befinden. In der Erstaufnahmestelle (zum Beispiel Traiskirchen) erfolgt eine sogenannte "Zulassung zum Asylverfahren". Das ist keine inhaltliche, sondern eine formale Prüfung des Antrags. Wenn der Antragstelle zuvor bereits in einem anderen der 25 EU-Länder war oder in einem sicheren Drittstaat (die Definition des sicheren Drittstaats ist sehr umstritten), wird er in Schubhaft genommen und abgeschoben (vgl. http://deserteursberatung.at/recht/article/960/365/). Dieses erste Verfahren dauert einige Tage, für diese Zeit wird man in der Erstaufnahmestelle versorgt und medizinisch betreut.
Wenn es gegen den Antrag keine formalen Einwände gibt, beginnt das eigentliche Asylverfahren. Im inhaltlichen Asylverfahren werden die Fluchtgründe geprüft. Dies geschieht durch Interviews.

"Wenn Sie nicht Asyl bekommen können, wird geprüft, ob Sie den sogenannten „subsidiären“ Schutz benötigen, d.h., ob die Situation in Ihrem Heimatland so unsicher ist, dass Ihr Leben dort bedroht wäre, obwohl Sie keine Asylgründe haben. Das ist z.B bei AsylwerberInnen aus Ländern, in denen in allen Landesteilen Bürgerkrieg herrscht, eine häufige Entscheidung. Oder auch, wenn eine für Sie lebensnotwendige medizinische Versorgung in einem Land nicht möglich ist. In machen Fällen werden diese Fragen noch in der Erstaufnahmestelle entschieden, meistens dauert es länger und Sie warten diese Entscheidung in einem Flüchtlingsheim ab." (http://deserteursberatung.at/recht/article/960/367/)
Das Ergebnis des ersten inhaltlichen Verfahrens steht nach einigen Tagen fest: ist Österreich zuständig? In seltenen Fällen wird in diesem ersten Verfahren auch festgestellt, dass in der Einvernahme keine ausreichenden Gründe für die Flucht vorgebracht wurden. Wenn der Antrag zugelassen wird, erhält der Antragsteller den Status eines Asylwerbers, der eine Aufenthaltsberechtigung bis zum Abschluss des Verfahrens hat. Es folgt die Überweisung in ein Flüchtlingsheim.
Asylwerber haben kaum Chancen, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Damit sind sie für die Dauer des Verfahrens (und etwa 200 Verfahren in Österreich dauern inzwischen schon mehr als 10 Jahre) vollkommen von der Grundversorgung abhängig.
Die erste Instanz des Asylverfahrens ist das Bundesasylamt. Es stellt auch fest, ob der Asylwerber Recht auf Bundesbetreuung (neu: Grundversorgung) erhält, das heißt, ob er mittellos ist. Diese Grundversorgung beinhaltet die Unterbringung, Krankenversicherung, Verpflegung und Taschengeld in der Höhe von 40 Euro. Sollte der Asylwerber eine individuelle Unterkunft haben, wird ihm zusätzlich ein Mietzuschuss gewährt. Die Zuständigkeit für die Grundversorgung liegt bei dem Bundesland, welches für den Asylwerber zuständig ist.
Das Bundesasylamt ist dem Innenministerium untergeordnet, also NICHT unabhängig. Wenn ein Antrag abgelehnt wird, folgt eine Prüfung des Non-Refoulement oder Abschiebungsverbots. Der Asylwerber kann gegen den Beschluss Einspruch erheben.
Die zweite Instanz des Verfahrens ist der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS). Er wurde mit der Asylgesetznovelle 1997 eingeführt und ist ebenso wie die erste Instanz notorisch unterbesetzt. Die Mitglieder des UBAS werden vom Bunespräsidenten ernannt und sind weisungsfrei und unabhängig. Gegen eine Entscheidung des UBAS können sowohl der Antragsstelle als auch das Innenministerium Einspruch erheben. In etwa 60 % aller Fälle gelangt der UBAS zu einer anderen Erkenntnis als die erste Instanz!
Nach dem Abschluss des zweiten Verfahrens kann der Antragsteller nur noch beim Verfassungs- oder beim Verwaltungsgerichtshos (bei formalen Mängeln) Einspruch erheben.

Weitere Punkte:
Durch die sogenannte Dublin II-Verordnung versucht die EU, die Prüfung von Asylanträgen an die Außengrenzen der Union abzuschieben, da die direkte Einreise in einen EU-Staat, der nicht an der Außengrenze liegt, für einen Flüchtling so gut wie unmöglich ist.

Links:
Erledigungen der Asylbehörden nach Herkunftsland (2006)
Verfassungsgerichtshof prüft Asylgesetz

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