Sunday, 25 May 2008

I'll just pretend that it's MY youth

In one more hour
I will be gone
In one more hour
I'll leave this room
The dress you wore
The pretty shoes
Are things I left
Behind for you

Oh, you've got the darkest eyes

I needed it
(I know it's so hard for you to let it go
I know it's so hard for you to
say goodbye
I know you need a little more time)

If you could talk
What would you say
For you things were
Just night and day
Take off the dress
Take off the face
I'll hold you close
Before I leave

Don't say another word
About the other girl

(One More Hour, "Dig Me Out", 1997)


Sleater-Kinney. Das ist eine ganz komplizierte Geschichte. Ich versuche immer, zu begreifen, warum eine bestimmte Band genau die Musik macht, die ich gerne höre, während mir andere Dinge vollkommen egal sind. Natürlich: es ist einerseits der emotionale Zugang zu bestimmten Texten und dann eine mit Worten nicht beschreibbare und vielleicht auf gar nicht begreifbare Sensibilität für eine ganz bestimmte Mischung aus Einfachheit und Komplexität, was die Musik selbst betrifft. Form und Inhalt müssen übereinstimmen: Ich mag ganz einfache Musik, die spontan ist und unkompliziert, weil ich die Unmittelbarkeit dabei schätze (etwa bei den Moldy Peaches oder die frühen Tocotronic). Ich mag es, wenn Bands im Laufe ihres Bestehens technisch versierter werden und, um nicht irrelevant oder langweilig zu werden, neue Dinge ausprobieren, die immer noch an die alten Sachen anschließen, weil es schön ist, wenn die eigenen Lieblingsbands mit einem Mitwachsen. Noch schöner ist es, wenn die Entwicklung mit der eigenen zusammenpasst und nicht irgendwann ein Bruch entsteht, ein Sprung, den man nicht mehr wirklich mitmachen kann, weil man an einer ganz anderen Stelle ist und gerade etwas anderes bräuchte.

Mit Sleater-Kinney ist das aber trotzdem eine ganz eigene Sache. Ich habe eigentlich erst "The Woods" richtig gehört. Das erste Review dafür, das ich damals für cellar door im Winter 2006 geschrieben habe, war BEVOR mir die Band etwas bedeutet hat: Da war sie für mich eigentlich eine unzugängliche Nachfolgeband der riot grrrl-Bewegung, die mir zwar lieber als Le Tigre war, aber so richtig wusste ich trotzdem nichts damit anzufangen. Und dann hörte ich "Jumper" einmal, dann zweimal, und dann konnte ich nicht mehr aufhören. Im Laufe der nächsten Jahre hörte ich mich sozusagen zurück, mit dem bitteren Nachgeschmack im Mund, dass sich diese Neuentdeckung gerade aufgelöst hatte, dass ich schon wieder etwas verpasst hatte, was ich aber in diesem Fall, wenn es anders gelaufen wäre, vermeiden hätte können. Es war nicht die späte Geburt, sondern schlicht und einfach, dass es vorher nicht gegangen wäre. Es hätte vorher nicht gepasst. In manche Dinge muss man erst hineinwachsen, genau so, wie man aus anderen herauswächst, nur ist es gerade bei riot und bei post-riot so, dass eben nicht nur die Musik zählt, sondern auch das, was rundherum passiert, und deswegen ist es ewig schade, jetzt nur noch das Artefakt in Händen zu halten und wertschätzen zu können, und den Rest in Essays von denen, die dabei waren, nachzulesen.

Es geht ja auch um die Geschichten dazu. Dass eine Band einen persönlichen Song wie das oben zitierte „One More Hour“ veröffentlicht und immer wieder live spielt, dass eine Band es überhaupt überleben kann, wenn sich die Beziehung zweier ihrer Mitglieder auflöst, und trotzdem noch immer wieder den Song darüber wiederholen kann, weil... Das ganze mehr ist als die Summe der einzelnen Teile? Weil die Musik zählt? Wenn man das Archiv von salon.com durchsucht, findet man Artikel, die Sarah Vowell 1997 über die Band geschrieben hat – und überhaupt, man findet kaum objektive Berichte über Konzerte oder Kritiken der Alben, weil das Musik ist, die Emotionen verlangt, weil so viel davon in sie gesteckt wurde.

Das Private und das Politische: verschlüsselte und für Interpretationen offene Texte über Beziehungen, so frei formuliert, dass sich eigene Situationen leicht wiederfinden lassen. Sleater-Kinney-Songs sind keine direkten Aufrufe, jetzt doch endlich auf die Straße zu gehen und was zu tun (wie bei Le Tigre, etwa „Get Off The Internet“), sondern emotionale Gebilde, die vielfältig mit Bedeutung angereichert sind, von den frühen Songs des „Sleater-Kinney“-Albums, in denen es um die Befreiung aus privater Unterdrückung in asymmetrischen Beziehungen geht, bis zu den 11 Minuten, die „Let’s Call It Love“ auf „The Woods“ dauert – „I've wasted all my fucking time / all. my. life. I. waited. for. it. / call it, call it, call it / let's call it love“. Dazwischen liegen geschätzte 82 Songs, und jede Woche finde ich einen neuen, der genau passt. Ich rechne damit, dass das irgendwann aufhören wird, dass ich mich irgendwann satt gehört habe an Corin Tuckers Stimme, Carrie Brownsteins Gitarre und den Drums von Janet Weiss, aber das passiert einfach nicht, dafür ist das eben doch zu uneinheitlich, zu abwechslungsreich, und entwickelt sich von Album zu Album weiter. Der bekannteste Song, „I Wanna Be Your Joey Ramone“, der damals perfekt in den Soundtrack von „All Over Me“ passte, ist eben eindeutig dem Jahr 1996 zuzuordnen. Später hätten sie den nicht mehr geschrieben und es hätte auch gar nicht mehr zur Band gepasst, „I wanna be your Thurston Moore / Wrestle on the bedroom floor / Always leave me wanting more / Throw away those old records“ zu singen, denn nachher waren sie ja selbst der Bezugspunkt für Referenzen. Und am Höhepunkt endet es dann.

Bericht über das letzte Konzert im Crystal Ballroom, Portland, bei Under the Radar. Mit dem schönen Eddie-Vedder-Zitat „I'm very fortunate and extremely grateful to have lived in a time when I could see Sleater-Kinney live”

Willamette Week - The Greatest Portland Band... EVER? (2002)

Salon.com - Hurts So Good (Sarah Vowell, 1997). "Once you've been hacked up by a band, you're scarred for life."

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