Wir haben im vorangegangen Teil gesehen, wie eine junge Königin, deren Stand umstritten ist, ihre eigene Machtposition stärkt und die Grundlage für eine erfolgreiche Regentschaft legt. Elizabeth hat sich dagegen entschieden, ihre Macht durch eine Heirat zu sichern. Der Film endete mit den Worten: ich bin mit England verheiratet. Im zweiten Teil geht es jetzt um die Feinde: Elizabeth kämpft gegen Katholiken, gegen Spanien und Frankreich, und schließlich, wie es die Logik des Geschichteerzählens verlangt und wie es die letzten Jahrhunderte bereits vorexerziert haben, gegen eine Gegenspielerin, die tatsächlich ihr Gegenteil ist. Maria Stuart (gespielt von Samantha Morton), gläubige Katholikin, Hoffnung der Katholiken Englands, des Papsts.
Die klassische Literatur stellt, je nach Sympathie, die beiden Gegenspielerinnen verschieden dar. Elizabeth ist entweder die rational denkende, moderne Herrscherin oder die blutrünstige, rachsüchtige, nicht zur Vergebung fähigen Tyrannin (etwa in Schillers „Maria Stuart“). Maria Stuart ist entweder das gläubige, gutherzige, verzweifelte, eigentlich gar nicht auf Macht, sondern auf Gerechtigkeit gerichtete Opfer, oder die Frau, die ihren Ehemann durch ihren Geliebten töten ließ, eine im Gegensatz zu Elizabeth männerverzehrende Sirene (etwa in Zweigs „Maria Stuart“). In „Elizabeth“ hat sie von Anfang an einen schweren Stand, schließlich ist die Königin von England etabliert, hat jetzt endlich ihre eigene Stimme gefunden und lebt mit ihrer Entscheidung, nicht zu heiraten, sehr glücklich, auch wenn ihr Berater Walsingham (Geoffrey Rush) zu einer taktischen Hochzeit drängt.
Ihr Stand in England ist allerdings gefährdet: Das Land ist zwischen Anglikanern und Katholiken gespalten, sie wird kritisiert, weil sie noch keinen Thronfolger geboren hat (das ewige Problem weiblicher Königinnen) und von außen erwarten fremde Mächte den Untergang des finanziell ausgebluteten Englands. Der mächtigste Gegner ist Spanien.
Aber bevor die politischen Hintergründe detailliert diskutiert werden, wird ein in der Geschichte ebenfalls schon breitgetretener Handlungsstrang etabliert: Agil tritt Sir Walter Raleigh (Clive Owen) ins Bild, der bereitwillig seinen Umhang vor die Königin wirft, damit diese nicht in eine Pfütze tritt (als ob Pfützen in dieser Situation ihr größtes Problem wären). Wie sie vorher bereits gegenüber ihrem Berater angedeutet hat, findet sie das „Unmögliche“ weitaus attraktiver als Macht, ergo hat der gerade aus Amerika zurückgekehrte Abenteurer einen besseren Stand als all die Potraits europäischer Herrscher, die nacheinander abgehandelt und ausgeschlossen werden. Die Eleganz, mit der Blanchett diese Szene spielt, eine geniale Mischung aus Amüsement, Langeweile und Sarkasmus, deutet auch die große Stärke des Films an: Niemand sonst könnte diese Rolle spielen.
Als Raleigh stolz verkündet, er habe das neuentdeckte Land nach seiner Königin benannt, „Virginia“, nach der jungfräulichen Elizabeth, antwortet diese (und der Zuseher weiß natürlich noch aus dem ersten Teil, wie es um die Jungfräulichkeit der Königin bestellt ist), ob er es dann konsequenterweise nach der Hochzeit in Conjugia umbenennen werde. Der Tabak, den er aus den Amerikas mitbringt, und das Gold, das er den Spaniern gestohlen hat, erfreuen sie dann aber doch, auch wenn sie vor dem spanischen Botschafter natürlich Piraterei an Philip von Spanien nicht gutheißen kann.
Die Katholiken, im Film konsequent als blutrünstige Sekte knapp vorbei am Vampirismus portraitiert, geben natürlich ein gutes Gegenmodell zur strahlenden Königin ab. Die Königin lebt im Licht, Maria Stuart agiert aus dem Untergrund, aus Kellern, düsteren Gewölben. Die haben Elizabeths Berater natürlich auch: dort foltern sie politische Gegner, alle, die sie für Konspiratoren halten, zur Abschreckung. Aber genau an diesem Punkt scheitert Elizabeth – The Golden Age an den hohen Erwartungen nach dem ersten Film: Die politischen Intrigen, die Idee, dass Politik immer schmutzig ist und dass es hier hauptsächlich um Macht, nicht um Liebe, geht, treten in den Hintergrund. Sie sind überschattet von der Liebesgeschichte, inszeniert, um Elizabeth doch zugänglicher für konservative Interpretationen von Weiblichkeit zu machen. Natürlich, die mächtigste Herrscherin, die England je hatte, sehnt sich heimlich nach nichts anderem als nach einem Mann, und immer dann, wenn sie sich ihrer Macht bewusst wird, wird sie als besessenes Monster dargestellt. An dem Versuch, sowohl ein politischer als auch ein Liebesfilm sein zu wollen - gerade die Gratwanderung, die im ersten Teil erfolgreich war, scheitert The Golden Age. Der „Prince of the Female Gender“ ist im Film zerrissen zwischen privaten Bedürfnissen und politischer Verantwortung, aber das Ergebnis ist ein zerrissener Film, der zwei Geschichten in zwei verschiedenen Tonarten erzählt, und dabei noch dazu ganz vergisst, das Drama der beiden Gegenspielerinnen zu erzählen, weil Maria Stuart niemals mehr wird als das Bild einer wütenden, um ihre Macht betrogenen Furie. Was das komplexe Portrait zweier verschiedener Frauen werden hätte können, ist letztlich ein Film darüber geworden, dass mächtige Frauen Schwierigkeiten haben, Männer abzubekommen (schließlich heiratet Elizabeths Zofe Bess den Abenteurer und beide landen dafür im Tower, denn, wie wir bereits aus anderen Königinnendramen wissen, ist nichts gefährlicher als verletzter Stolz). Umso schmerzhafter die Szenen, in denen Blanchett den Konflikt der Königin, Maria Stuart hinrichten zu müssen, obwohl sie diese als Königin sieht und deswegen ihr gleichgestellt (über die also niemand richten kann, vor allem nicht ein weltliches Gericht, was ja auch ihrer Mutter Anne Boleyn das Leben kostete), und damit, wegen einer Unbedachtheit ihres Beraters, den Spaniern einen Grund gibt, einen Krieg zu beginnen - der mit der Zerstörung der legendären spanischen Amada endet. Allein für diese komplexen Zusammenhänge hätte es einen Film gebraucht, aber in "Elizabeth - The Golden Age" muss ja die Liebesgeschichte auch noch abgehandelt werden, und nichts schadet mehr, als die Unentschiedenheit.
"I am called the Virgin Queen. Unmarried, I have no master. Childless. I am mother to my people. God give me strength to bear this mighty freedom. I am your queen. I am myself."
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