Tuesday 22 July 2008

The Other Boleyn Girl

Die Vorgeschichte zu “Elizabeth” – die Funktion des Filmes ist vielleicht, ein gutes Gegenmodell zu dem Film über Anne Boleyns Tochter zu etablieren. Zu Heinrich XVIIIs Zeiten war die einzige Möglichkeit eine Frau, irgendeine Form von Macht zu erreichen, einen König zu heiraten, einen Thronfolger zu gebären und damit zum Weiterbestand eine Linie beizutragen. Dementsprechend war die prekärste Situation einer Königin, erstens nur Töchter zu gebären oder zweitens, mit einem Mann verheiratet zu sein, der gerade eine Religion gegründet zu haben, die Scheidungen legitimiert.
Aber zurück zum Anfang: Anne und Mary Boleyn sind die Töchter einer finanziell verarmten Familie. Um die gesellschaftliche Position der Familie zu verbessern, versucht der böse Onkel eine der Töchter zur Mätresse des Königs Heinrich 8 zu machen, dessen Ehefrau keinen männlichen Thronfolger produziert und deswegen ihre Funktion nicht erfüllt hat. Die Idee romantischer Hochzeit ist eine bürgerliche, keine aristokratische.
Anne Boleyn, die kompliziertere der beiden Schwestern (die jüngere, gespielt von Scarlett Johannsen, wurde gerade erfolgreich verheiratet, aber die widerspenstige und ambitionierte Anne hat mehr Potential) ist anfangs von der Idee, von der eigenen Familie verkauft zu werden, nicht begeistert, scheint den großen König mit den niedlich abstehenden Ohren (Eric Bana) dann aber doch ansprechend zu finden. Leider verletzt er sich auf der Jagd, weil er im Wald stolpert, und Männer mit verletztem Stolz sind noch gefährlicher als Frauen. Liebevollst pflegt ihn die naive, allen Klischees konventioneller Weiblichkeit entsprechende Mary, und der König beschließt, die frisch verheiratete an ihren Hof zu holen, wo sie ihm „zur Verfügung zu stehen hat“. Das wäre natürlich wahnsinnig fürchterlich, wäre der König nicht so ein sensibler und großartiger Liebhaber (im Vergleich zu ihrem Ehemann), also verliebt sich Mary gleich nach ihrer quasi-Vergewaltigung in den König von England. Leider wird sie schwanger und obwohl sie einen Sohn gebiert, ist sie bloß eine Mätresse, nicht die Ehefrau des Königs, und inzwischen ist ihre Schwester, deren Stolz immer noch gekränkt ist weil ihre Schwester den König abgekriegt hat, an ihren Platz getreten. Aber sie hält Heinrich hin: Sie will Königin werden, bevor sie ihre (fiktive) Jungfräulichkeit für ihn aufgibt. Rasend vor Lust sagt sich Heinrich von der katholischen Kirche los, schickt seine Ehefrau in die Wüste und heiratet Anne. Kurz davor vergewaltigt er sie noch, aber selbst schuld, einen so mächtigen Mann hält man einfach nicht hin.
Anne wird die neue Ehefrau, aber leider ist das erste Baby eine Tochter, das zweite eine Fehlgeburt, und der König hat sich schon anderwertig verliebt, und so wird Anne hingerichtet (selbst schuld, warum hat sie auch...) und die liebe Schwester, die nie mehr wollte als die große Liebe, darf ihren eigenen Sohn und die Tochter der Schwester aufziehen. Die Tochter ist Elizabeth. Dass diese dann tatsächlich nach mehr streben darf, als einen Sohn auf die Welt zu bringen, liegt außerhalb der Reichweite des Films.
„The Other Boleyn Girl“ sexistisch, dumm und furchtbar zu nenne, wäre eine Übertreibung. Die Zuschreibungen, die Konstruktion einer Weiblichkeit, die nur dann gut ist, wenn sie unterwürfig, sensibel und liebevoll ist, und böse, wenn sie nach Macht strebt, lustvoll und frei leben will. Wenn man die subtil verpackte Ideologie des Films nicht beachtet, bietet er schöne Bilder, einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge und zwei gute Hauptdarstellerinnen, die aber in Wirklichkeit für besseres geschaffen sind.

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