Thursday, 10 July 2008

Yella

Ich habe schon einmal geschrieben, dass Petzolds Filme immer von Gespenstern handeln, egal, ob sie diese auch im Titel tragen oder nicht. In Yella wird dieses Prinzip noch verschärft: Yella ist ein Horrorfilm. Wer einem Interview mit dem Regisseur lauschte, weiß, wie eindrucksvoll er die Stimmung an Orten beschreiben kann, die ihre Funktion verloren haben. In Yella ist der Ort, der Anfangspunkt, Wittenburge, eine Stadt, die nichts mehr zu bieten hat und doch noch bewohnt wird von Menschen, denen sie ihre Funktion, also ihre Bedeutung, geraubt hat. Die Zurückgebliebenen in der Geisterstadt als Zombies zu bezeichnen, liegt nahe.
Yella beginnt auch wie ein Horrorfilm. Eine von Außen, die, wie wir später erfahren, einmal dazugehört hat, aber den Ausstieg geschafft hat, kehrt zurück. Sie dringt ein in eine Welt, die kein Leben mehr duldet, und bezahlt dafür teuer. Yella, die einen Job hat, trifft auf ihren Exmann, der gerade mit einer auf einer Utopie erbauten Firma pleite gegangen ist, und der Unfall, der darauf folgt, ist eine logische Folge, die der Petzoldschen Logik entspricht. Der Exmann fährt das Auto über eine Brücke ins Wasser und nur Yella steht am Ufer wieder auf, taumelt, in diesen Anfangsszenen selbst in einen Zombie verwandelt, zum Bahnhof, steigt in einen Zug, und passiert die geheimnisvolle Grenze. Plötzlich ist sie nicht mehr in der Geisterstadt sondern mitten drin im Fluss des Finanzkapitals.
Sie reist mit Philipp (Devid Striesow) von Firma zu Firma. Die Manager wollen Risikokapital, der Preis dafür ist hoch: mit Psychospielchen kommt es zur Selbstentblößung und nach einiger Zeit erkennt Yella, die durch die wie immer fantastische Kameraführung von Hans Fromm noch mehr in ihrer eigenen Wahrnehmungswelt gefangen zu sein scheint, dass Philipp sich langsam auf sein großes Lebensziel hin betrügt. Die beiden verlieben sich, aber wie schon in Die innere Sicherheit und Gespenster ist eine Liebesbeziehung selten die Sicherheit, die den nötigen Halt gibt, sondern eher Keimzelle einer Krise oder etwas, dass im Verrat endet. Am Ende von Yella steht eine Auflösung, die überrascht: sonst lässt sich Petzold nicht auf Lynchsche Spielchen über Wahrnehmung, Traum und Realität ein. Aber wie bereits gesagt: Yella ist ein Horrorfilm, durch und durch.

2006, Regie: Christian Petzold, mit Nina Hoss, Devid Striesow, Hinnerk Schönemann, Burghart Klaußner, Barbara Auer, Christian Redl.

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