Thursday 25 September 2008

"Das Geld ist nie weg. Es hat nur wer anderer."

Ja, ich nämlich.
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Zu glauben, dass symbolische Studienbeiträge die österreichischen Universitäten davon bewahren, sich damit zu konfrontieren, dass stie den Anschluss verpasst haben, ist schlicht und einfach Realitätsverweigerng. Die Wahrheit ist, dass für eine richtige finanzielle Sanierung der Universitäten Studiengebühren in einer Höhe nötig wären, dass wahrscheinlich sogar noch die oberste Mittelschicht dafür Kredite aufnehmen müsste, und das wäre eine grundsätzliche Umwandlung des Systems. In die eigene Bildung zu investieren, vielleicht sogar Schulden zu machen, die man später, wenn sich die Investitition ausgezahlt hat, zurückzahlt, ist eine ganz andere Idee von universitäre Bildung als die, die seit Jahren in Österreich praktiziert wird. Ein solches System wäre auch ein Ende der humanitären Fächer, die keineswegs in eine reiche Zukunft führen, aber trotzdem wichtig sind: Denn was wäre eine Gesellschaft ohne Historiker, Politikwissenschaftler, Germanisten.
Ein Staat, der sich zur Wissenschaftsgesellschaft bekennt und zu einem Hochschulzugang, der unabhängig vom Einkommen der Eltern ist, muss diese Universitäten finanzieren. Die Frage ist, wie mit steigenden Studentenzahlen umgegangen wird, aber eine ökonomische Auslese führt nicht dazu, dass nur die geeignetsten Studenten ein Studium anfangen, sondern dazu, dass jene studieren können, die zufälligerweise in der Lage sind, die Gebühren zu zahlen, und zusätzlich von ihren Eltern oder durch eigene Arbeit ihr Leben finanziert zu bekommen, was oft wegen des "Stundenplans" schwierig ist. Die Studienbeiträge waren da nur ein feiges, undurchdachtes Mittel, um sich nicht der größeren Frage stellen zu müssen. Genau so wie die kurzfristig beschlossenen Zugangsbeschränkungen in einigen Fächern.
Die Universitäten haben zu wenig Geld. Für die Studenten wirkt sich das hauptsächlich in einem organisatorischen Chaos aus, es gibt nicht genug Lehrveranstaltungen, die Räume sind zu klein, die Lehrenden sind überlastet und frustriert (um so bewundernswerter, wenn sich manche trotzdem noch engagieren und ihre Begeisterung an die Studenten weitergeben). Das empfinde ich, als Studentin, als unfair, weil ich weiß, dass die jenigen, die jetzt die politischen Entscheidungen treffen, unter besseren Bedingungen studiert haben und es seitdem einfach verpasst haben, die Entscheidungen zu treffen, die notwendig gewesen wären, um ein gutes System aufrecht zu erhalten - bzw. die durch ihre jeweiligen Ideologien so verblendet sind, dass sie überhaupt nicht nach Lösungen suchen wollen.

Eine Seite dieser Ideologie besagt, dass jeder, der an diesem System scheitert, selbst schuld ist - nicht flexibel genug, nicht leistungsbereit zurück - und dass die natürliche Selektion automatisch dazu führt, dass nur die besseren Studenten ihr Studium auch abschließen. Aber das stimmt nicht - erstens hat Österreich zwar viele Studienanfänger, aber eine horrible Zahl an Abbrechern (ich glaube, bei Politikwissenschaft hören etwa 90 % wieder auf) und damit auch eine zu geringe Zahl an Akademikern - zweitens sind die Exklusionsmechanismen nicht auf Qualität getrimmt. Sie filtern nicht in "ungeeignete" und "geeignete" Studenten.

Die zweite Seite lehnt grundsätzlich ab, irgendeinen Mechanismus zu finden, der die Eignung so gut wie möglich misst. Wie könnten Ausschlussmechanismen funktionieren, an denen wirklich nur die, oder zumindest ein großer Prozentsatz derer, scheitern, die das falsche Fach gewählt haben oder für die eine andere Form der Hochschulbildung besser wäre? In Österreich herrscht Konsens, dass die Matura dafür nicht geeignet ist, da sich nicht aussagekräftig ist. Aber worüber ist die Matura dann aussagekräftig? Wie könnte man zum Beispiel die Oberstufe oder auch nur die Siebte und Achte Klasse umformen, damit das Ergebnis der Schüler aussagekräftig darüber ist, ob sie für die Universität geeignet sind oder nicht? Die Universität verlangt ja zusätzliche Qualifikationen zu denen einer Fachhochschule. Man muss sich selbst organisieren und motivieren. Im Prinzip hat es keine direkten Folgen, wenn ich ein Semester lang nur drei Lehrveranstaltungen besuche und dann nur zwei davon abschließe, ich muss genau die gleichen Studiengebühren zahlen und die Folgen sind langfristig - ich brauche länger. Man muss außerhalb eines Klassenkontexts lernen können. Und so weiter. Ist es nicht Blödsinn, Generationen von Schülern durch den Stress der Maturaprüfung zu schicken, wenn sie danach wirklich nichts weiter ist als ein formaler Wisch, von dessen Unwichtigkeit alle überzeugt sind? Immerhin stecken dahinter mindestens 12 Jahre Leben und Lernen. Das ist eine Verschwendung von allem, Lebenszeit, Ressourcen, und bildungspolitischer Blödsinn.
Eine andere Möglichkeit, die aber genau so schwierig umzusetzen ist, sind Testsemester. Ein Student versucht es ein Jahr lang und wenn es dann nicht klappt, scheidet er aus. Das tun sowieso viele und wechseln dann auf Colleges und Fachhochschulen. Das Problem dabei: Die Idee, dass jedes verlorene Jahr direkt in die spätere Arbeitslosigkeit führt. Dass wir keine Zeit zu verlieren haben. Dass uns das zurückwirft. Lieber ein Jahr ins Ausland gehen und dort auf einer Pferdefarm arbeiten oder in einem Dorf leben oder EFD machen, als ein Jahr an der Uni zu studieren! Das macht sich auch besser im Lebenslauf. Und auf den Lebenslauf kommt es schließlich an.

Die Studienbeiträge waren symbolisch. Die 150 Millionen Euro sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein - viel mehr Geld wird notwendig sein, um die Universitäten zu sanieren, und wenn dieses Geld tatsächlich teilweise von den Studenten kommen soll, dann müssen die Studienbedingungen sofort spürbar besser werden. Ich weiß, dass ich ein Privileg genieße, dass ich mir die Zeit nehmen kann, dieses Fach zu studieren. Dieses Privileg wird nicht dadurch geschmälert, dass ich jetzt nicht mehr 360 Euro pro Semester dafür bezahle, ganz im Gegenteil.

Und jetzt noch was zu dieser immer unterschwellig verbreiteten Botschaft, der Student wäre der Natur nach ein unmotivierter, leistungsablehnender Parasit der Gesellschaft, der zu viel Lärm macht, zu spät aufsteht, zu den unmöglichsten Zeiten im Supermarkt einkauft und nur zwei Wochen im Jahr überhaupt für das Studium arbeitet: Das ist alles Teil unseres Planes, die Weltherrschaft an uns zu reißen. Wirklich. [so, es ist 13:18. Ich geh jetzt mal Zähneputzen und Frühstücken.]

1 comment:

? said...

This reads like the politics of education. You intrigue my intellectual side!