Friday 5 June 2009

State of Play (BBC miniseries)

Die zentrale Frage von "State of Play" ist gerade in Zeiten, in denen der traditionelle Zeitungsjournalismus mehr und mehr unter ökonomischen Druck gerät, aktueller den jeh. Unter welchen Bedingungen ist kritischer Enthüllungsjournalismus überhaupt möglich? Welche Fragen stellen sich in der Konfrontation oder zögerlichen und zurückhaltenden Zusammenarbeit mit der Polizei, vor allem, wenn eigene investigative Arbeit neue Erkenntnisse über ein Verbrechen bringt, die ihren Wert verlieren, wenn sie zu früh an die Öffentlichkeit geraten? Was passiert, wenn die Journalisten nicht nur professionell, sondern auch persönlich in die Geschichten involviert sind, über die sie "objektiv" berichten sollen?
In Paul Abbotts "State of Play", einer sechsteiligen Fernsehserie die usprünglich 2003 von der BBC gesendet wurde aber inzwischen bereits ein amerikanisches Remake (mit Ben Affleck und Russell Crowe in den Hauptrollen) hervorgebracht hat, wird auf zwei Ebenen über die Arbeit eines Journalistenteams bereichtet. Einerseits die Arbeit der Journalisten, die mühevoll einzelne Stränge verbinden und Hinweise erfolgreicher verfolgen als die ermittelnde Polizei, andererseits das Privatleben des Hauptcharakters, das sich immer mehr in den Fall selbst verstrickt.
Im Zentrum steht Cal McCaffrey (John Simm), ein relativ erfolgreicher, ergeiziger, wenn auch nicht unbedingt reifer Journalist beim Londoner "Herald". An einem Morgen geschehen zwei erstmals nicht miteinander verbundene Dinge: ein Teenager wird erschossen und eine junge Frau fällt auf die Gleise der Londoner Underground und stirbt. Beide Geschichten erweisen sich als komplizierter, als sie auf den ersten Blick erscheinen: der schwarze Junge war nicht in Drogengeschäfte verwickelt, und die junge Frau hat nicht Selbstmord begangen. Noch dazu war sie Forschungsassistentin eines unabhängigen Energieauschusses, dessen Vorsitz Cals Freund (er war dessen Wahlkampfhelfer), MP Stephen Collins (David Morrissey) inne hat. In den wenigen Stunden, die auf ihren Tod folgen, wird eine Affäre enthüllt, die Collins mit seiner Assistentin hatte. Cal, in seiner Doppelrolle als Freund und Journalist, der langsam eine immer größer werdende Story vor sich sieht, schafft es nicht wirklich, die beiden Ebenen zu trennen. Informationen werden auf alle möglichen Arten gesammelt, und privat erzählte Unwahrheiten haben Auswirkungen darauf, wie der Journalist seine öffentliche Story konstruieren kann. Während sich immer kompliziertere Verbindungen ergeben und die beiden Ereignisse des Morgens plötzlich verbunden sind, da beide Morde vom gleichen Täter verübt wurden, beginnt Cal eine Affäre mit Collins Ehefrau Anne (Polly Walker). Als Teamleader von vier weiteren Journalisten macht er sich damit nicht gerade beliebt, auch weil er mit seiner Informationsbeschaffung allzu oft Gefahren eingeht, die Folgen haben. (unter anderem der Sohn des Chefs, wunderbar arrogant und gleichzeitig kindisch gespielt von James McAvoy, und Della Smith, einer jungen Journalistin, die schnell begreift, wie gefährlich es werden kann, wenn die Polizei zum Konkurrenten um eine Story wird, wenn Story und Fall miteinander kollidieren - und Kelly MacDonalds schottischer Akzent alleine ist schon ein Grund, warum die Originalversion um Häuser besser ist als das Hollywood-Remake...).
Die mühevoll konstruierte Verbindung zwischen britischer Regierung, Parteistrategien, Lobbyisten der Ölindustrie, die alle auf die Bestechbarkeit des Einzelnen hinauslaufen (da ist "State of Play" der Vorläufer des dänischen Mehrteilers "Kommissarin Lund/Forbrydelsen", führt letztendlich ins Nichts, aber die Auflösung des Thrillers ist trotzdem atemberaubend und schockierend.

2003, created by Paul Abbott, Regie: David Yates, mit David Morrissey, John Simm, Kelly MacDonald, Polly Walker, Bill Nighy, James McAvoy.

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