Wednesday, 6 January 2010

Where the Wild Things Are


Das beeindruckende an Spike Jonzes Adaption des Maurice-Sendak-Kinderbuchklassikers "Where the Wild Things Are" ist, wie geschickt der Film auf dem schmalen Grat zwischen einer anarchischen, kindlichen Vorstellung von Freiheit und dem plötzlichen Umschlag in eine gefährliche, außer Kontrolle geratene Situation wandert. Dieses Gefühl beginnt schon, bevor Max in seine Fantasie flüchtet: er beginnt mit älteren Kindern eine Schneeballschlacht, die gut verläuft, bis die älteren Kinder die Linie überschreiten und ihre offensichtliche Überlegenheit ausnutzen, um ihm wehzutun. Max selbst ist eine Gefahr: er ist fantasievoll und energiegeladen, aber er hat keinen Fokus, und ohne den kippt eine Situation schnell. Auf der Insel kreiert Max mit den Biestern wundervolles (vor allem die Festung, die visuell atemberaubend umgesetzt ist), aber eine Krise führt zur Zerstörung des eigenen Werks.
Die Krise wiederholt sich später, auf der Insel, als die Konflikte zwischen den "Wild Things", die bereits vor Max' Ankunft und Krönung existierten, mitten in ein Spiel hinein ausbrechen und plötzlich Wunden zurückbleiben. Carol (James Gandolfini), der missverstandene, aggressive, aber gleichzeitig liebenswerte Charakter, entwickelt sich von Max' Freund (mit dem er sich identifiziert) zu einer potentiellen Quelle der Gefahr (die Knochen, die Max nach seiner Krönung findet, werden nicht erklärt). Dieser Moment ist perfekt eingefangen: plötzlich erscheint die große, haarige Kreatur nicht mehr als niedlich, nicht mehr als das kuschelige Wesen, das Sicherheit und Nähe gibt, sondern als überlegener Gegner, dem Max nichts entgegenzusetzen hätte, wenn er angegriffen werden würde.
Die Grundlage für die Konflikte der Biester wird angedeutet. KW (Lauren Ambrose) ist aus dem engen sozialen Gefüge ausgebrochen und hat neue Freunde gefunden (zwei Eulen), und diesem Verhalten begegnet Carol mit einer Mischung aus Melancholie und Aggressivität, und jeder Versuch Max', herauszufinden, was Carol für sie empfindet, scheitert daran, dass die Biester ihre Gefühle nicht durch Gespräche ausdrücken, sondern entweder durch die Errichtung neuer Dinge oder deren Zerstörung.
Die atemberaubende Bebilderung des Filmes, die perfekt animierten Kreaturen, die Energie des jungen Hauptdarstellers (Max Records) machen den Film zu einem unwahrscheinlichen Erlebnis:  Da ist diese Vorstellung in meinem Kopf, dass Kinderfilme so sein müssten: statt eines Traumes von unendlich viel Geld und einer Disneyvorstellung von kreativem Chaos, die unendlichen Möglichkeiten der Fantasie, eine Insel voller haariger Monster, die Festungen bauen, Schlachten führen. Wer wäre besser dazu geeignet, dieses Bilderbuch umzusehen, als Spike Jonze? Die begleitende Musik von Karen O (Yeah Yeah Yeahs) ist eine der besten musikalischen Untermalungen eines Filmes, die beste Umsetzung einer Idee, die mir jemals untergekommen ist.

2009, Regie: Spike Jonze, mit Max Records, Catherine Keener, Mark Ruffalo, den Stimmen von Lauren Ambrose, James Gandolfini, Forest Whitaker, Chris Cooper, Catherine O'Hara.

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