BEAUTIFUL FREAK, 1996
Ich habe soviele Dinge gelesen und gesehen, seit ich diese Alben das erste Mal gehört habe. Ich kann sie nicht mehr unvoreingenommen betrachten. Zum Beispiel höre ich "Susan's House" und ich muss an Adrien Tomines graphic novel "Echo Park" denken, da ich diese kurzen, schockierenden Szenen in schwarz/weiß vor mir sehe. Kaum jemand schafft es, die Melancholie mancher Alltagsszenen so gut einzufangen wie die amerikanischen graphic novelists und E. Die Grundstimmung, die über dem ersten Album liegt: "Life is hard, and so am I, you better give me something, so I don't die" (Novocaine For The Soul). Die Texte sind deprimierend (in "Rags To Rags" stellt er die Wirksamkeit des amerikanischen Traumes in Frage), aber E jammert nicht. Dazu ist seine Stimme gänzlich ungeeignet.
Das ist DIE Musik der amerikanischen Landschaft außerhalb der großen Städte, irgendwo zwischen Feldern und Kleinstädten. Ich liebe sie dafür. Nichts ist ihr ferner als die Großstadt. Das Drama liegt in den Zwischenmenschlichen Beziehungen, und es scheint außer Drogen nichts in der Welt draußen zu geben, was davon ablenkt. E ist einer von uns.
ELECTRO-SHOCK BLUES, 1998
Ich war mir lange nicht sicher, ob "Electro-Shock Blues" oder "Souljacker" mein Lieblingsalbum ist. Vermutlicherweise ist dieses hier die sensiblere Entscheidung.
Tod ist allgegenwärtig. In jeder Kritik dieses Albums stand aufgelistet, wie viele Menschen, die E nahestanden, vor der Fertigstellung des Albums gestorben waren.
Irrenanstalten, Begräbnisse, Tod. Aber ist es ein düsteres Album? Nein. Es sind meist die Refrains, die die Grundstimmung brechen. Die meisten Songs (vor allem "Going To Your Funeral" und "Cancer for The cure") beginnen mit Wut, kraftvoll.
Im Booklet ist unter anderem ein Comic von Adrian Tomine. Es ist eine Zusammenarbeit mit dem canadischen Verlag "Drawn + Quarterly", welcher die besten graphic novelists veröffentlicht, die es im Moment gibt (auch Joe Sacco und Chris Ware). Und kaum eine Verbindung aus Musik und Comic könnte sinnvoller sein als diese. Auf "Electro-Shock Blues" steht der Wahnsinn vor der Tür und hinter jeder Ecke. Es Fähigkeit, dies zu artikulieren, anstatt in Schweigen zu verfallen, ist bewundernswert.
Wie hat er seinen Humor nicht verloren, diesen liebevollen Sarkasmus, der über allem liegt und verhindert, dass seine Songs und Texte verbittert klingen? ("'Cause Courtney needs love and so Do I" auf "Cancer for the Cure")?
Vielleicht ist die Zeile der Schlüssel:
"Life is funny / But not ha ha funny / Peculiar I Guess" (3 Speed)
Mit einer anderen Einstellung wäre "Last Stop: This Town" nicht möglich.
Manchmal glaube ich, dass ich mit Beck nicht zurecht komme, weil ich die Eels liebe. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man Musik machen kann, ohne dabei zu leiden, wie man über den Dingen stehen kann und sie nur als Feld für Experimente betrachten kann. "Baby Genius" benützt die Melodie von "oh du Fröhliche". Der dazugehörende Comicstrip von Chester Brown und Joe Matt ist die beste Wiedergabe an Kritik am Fernsehen, die möglich ist.
Die letzten Worte auf "PS: You Rock MY World": "Everyone is dying / And maybe ist time to live."
DAISIES OF THE GALAXY, 1999
"Grace Kelly Blues" beginnt mit etwas, das verdächtig nach "all You need is Love" der Beatles klingt. Nach "Electro-Shock Blues" klingt "Daisies of the Galaxy" nach "I'm feeling better now". Das Album sieht in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit, und die Grundstimmung ist fröhlicher, es ist öfter von Aufbruch und dem Lösen von Problemen die Rede.
"I Like Birds" ist ein Lieblingssong. Wieder kommt das Gefühl auf, dass E eher in einer ländlichen Gegend zu verorten ist als in einer wilden, turbulenten Großstadt.
Ich finde, dass auf "Daisies" die Musik besser gelungen ist als auf den vorherigen Alben, aber den Texten fehlt etwas.
SOULJACKER, 2001
Etwas hat sich verändert. Die ersten drei Alben bilden eine Einheit, auch was Coverdesign betrifft. Auf "Souljacker" sind jegliche Spuren von Adrian Tomine beseitigt – das Cover ist rot und der bärtige E, mit Sonnenbrille und Kapuze, hält einen ebenso haarigen weißen Pudel. Das Motto lautet "You little Punks think you own this town". Udn die Musik klingt härter als je zuvor. John Parish hat mitproduziert.
Was ist passiert? Soujacker widmet sich dem Außenseitertum – dem "Dog Faced Boy", den beiden missbrauchten Kindern auf "Souljacker". Die Gewalt kommt von außen, und am härtesten haben es immer die Kinder.
Aber die zweite Ebene sind die Liebeslieder, die ebenso wichtig sind – und gerade wegen der ungewohnten Härte der anderen Songs auffallen.
"Woman Driving Man Sleeping" ist immer noch mein Lieblingssong. ES dauert lange, bis man merkt, dass die Frau ihren Mann verlässt. Die Art des Erzählens ähnelt wiederum der einer graphic novel, ein Bild nach dem anderen, und jedes evoziert eine bestimmte Stimmung.
Das Design des Booklets ist irritierend – rosa Liedtexte, ein grellpinkes Bild von E, offensichtlich am reichlich gedeckten Tisch einer herrschaftlichen Villa, wird von einem Diener versorgt, bis man den Tropf sieht, an dem er hängt. Und dann stechen auch die anderen Details ins Auge, wie die klauenartigen Fingernägel, oder das Gebiss im Glas. Zwei Seiten weiter mäht E mit einem Autorasenmäher, der auch als Logo direkt auf der Cd vertreten ist, den Rasen und trägt Farmerskluft.
"Souljacker, Part I". Dieses Album muss ein Bruch sein, denn dieser Song hätte auf die drei alten nicht gepasst. Dieser Gitarrenriff, die unheimliche Art und Weise, mit der E den Text ins Mikro flüstert und brüllt.
Auf "Friendly Ghost": "If you're scared of dying / You better not be scared to live".
Warum denke ich immer an Beck? Die große Vielfalt? Die Experimentierfreudigkeit.
"What is this note" wandert von Punk zu Folk. Dieser Mann ist so begabt, dass es wehtut.
SHOOTENANNY!, 2003
Ich habe lange braucht, um mich überhaupt mit diesem Album auseinander zusetzen. Alles war irritierend: Der Titel, das Coverdesign (schwarz, ohne Bilder). Im Booklet gibt es keine Texte, dafür Fotos, die offensichtlich im Studio entstanden sind. Mark Oliver Everett hat sich den Rauschebart abgeschnitten (angeblich wegen der Probleme am Flughafen).
Die Welt hat sich seit dem letzten Album entscheidend verändert.
Die Musik ist auf den ersten Eindruck weniger experimentierfreudig als auf "Souljacker". Die Gitarren dominieren, schnelles wechselt dich mit langsamen ab. Ich hatte früher das Gefühl, dass dieses Album ein etwas unausgegorenes Stück ist – es ist ein Übergang, aber wohin, ist nicht sicher. Die Qualität ist wechselnd, fast möchte man meinen, dass ich gute und weniger gute Songs regelmäßig abwechseln.
"All in a Day's Work" und "Love of the Loveless" entsprechen der Qualität, die man gewohnt ist. "Agony" ist ein wunderbarer Song.
Es ist schwer, über dieses Album zu schreiben. Ich finde es gut, und viele Songs funktionieren auch alleine ("Rock Hard World, "Lone Wolf"), aber ein Thema das alles zusammenhält, fehlt. ES könnte auch eine beliebige Zusammenstellung an Songs sein – die Guten, die Übriggebliebenen, aber keinen gemeinsamen Kontext haben. Vielleicht musste E noch einige Ideen aus seinem Kopf bringen, bevor er etwas neues beginnen konnte. Dafür ist das Album ausgezeichnet geworden – even the worst songs are better than anything others could ever produce.
"Somebody loves you, and you're gonna make it through".
BLINKING LIGHTS AND OTHER REVELATIONS, 2005
Jede Band muss ihr epochales Werk herausbringen. Bright Eyes wird niemals an "Lifted" anschließen können. Blinking Lights läutet eine neue Ära ein. Erstens hat sich alles verändert. Die Gitarren sind verstummt, stattdessen liegt ein ätherisches Rauschen über der Platte – bis zur ersten Gitarre auf dem 2. Track dauert es mehrere Minuten. E beginnt mit der Geburt. Es gibt eine auf jedem Album, aber diesmal endet es nicht mit Trauer und Einsamkeit.
Aber auf "Son of A Bitch" scheint alles wieder beim alten zu sein. "Mother couldn't love me / but that didn't stop me / from liking her". Der Untertitel des 4. Tracks lautet "Or how i learned to stop worrying and learned to love airplanes, car accidents and psychic pain."
Im Booklet sind alte Familienfotos. Autos, Züge, Hunde, Kinder. Ein Foto eines Offiziers mit Pfeife, ungefähr 1. Weltkrieg. Tom Waits und Peter Buck verstecken sich, laut Booklet singen sie mit, keine Ahnung wo.
Ruhe, Frieden, Versöhnung. Ein merkwürdiges ungewohntes Gefühl. Und dann Songs wie "Suicide Life". Das Album ist schwierig. Schwer, lang, und weniger leicht zu erschließen als vorangegangene. Im Gegensatz zu "Shootenanny" lässt es sich nicht auseinander nehmen. Am ehesten trifft das noch auf "The other Shoe" zu, ein Song, der auf komplexe musikalische Arrangements verzichtet und eine eindringliche Melodie hat.
"Last Time We Spoke". Als ich das erste Mal Sparklehorse hörte, habe ich sie für die Eels gehalten, das war in Dandelion. "Last Time we Spoke" klingt so ähnlich wie "It's A Wonderful Life".
"Mother Mary" erinnert mich an alte Zeiten, an "Dog-Faced Boy".
E setzt sich mit seiner Familie auseinander, aber man weiß nicht genau, wie viel davon ER ist – ich habe Angst, zu behaupten, dass er eine sehr problematische Beziehung mit seinen Eltern gehabt haben muss. Die Abwesenheit des Vaters ist überall zu spüren.
Die zweite CD klingt anders, schneller, lebendiger. Mehr Schlagzeug. "I'm Tired of the old shit / let the new shit begin" (Old Shit / New Shit). "Hey Man" könnte man tatsächlich im Radio spielen, ohne dass schockierte Zuhörer anrufen. Fröhlich? Irgendwie fühlt sich das alles ein bisschen schizophren an. Das Glück hält nicht lange an, und die wahre Kunst ist es, zu glauben, es käme wieder, wenn man nur wartet.
Ich mag es einfach zugänglich.
Manchmal hat an bei den Songs das Gefühl, sie schon mal gehört zu haben – Fremdzitate. Aber auch eigene. E liebt und tröstet. Ist das Glück?
"God's silence" ist vielleicht einer der schönsten Songs, aber ohne Gesang.
"I'm turning out just like my father / though i swore i never would" (Things the Grandchildren should know)
E denkt an die Zukunft. Es ist ein Übergang in eine neue Zeit. Älterwerden, Kinder bekommen, sich mit anderen Dingen auseinander setzen müssen. Es ist schwer, dieses Album zu verstehen, ohne eine umfangreiche Biografie von Mark Oliver Everett vor sich zu haben.
Das ist kein Album, das man beiläufig im Hintergrund hören kann.
Ich habe soviele Dinge gelesen und gesehen, seit ich diese Alben das erste Mal gehört habe. Ich kann sie nicht mehr unvoreingenommen betrachten. Zum Beispiel höre ich "Susan's House" und ich muss an Adrien Tomines graphic novel "Echo Park" denken, da ich diese kurzen, schockierenden Szenen in schwarz/weiß vor mir sehe. Kaum jemand schafft es, die Melancholie mancher Alltagsszenen so gut einzufangen wie die amerikanischen graphic novelists und E. Die Grundstimmung, die über dem ersten Album liegt: "Life is hard, and so am I, you better give me something, so I don't die" (Novocaine For The Soul). Die Texte sind deprimierend (in "Rags To Rags" stellt er die Wirksamkeit des amerikanischen Traumes in Frage), aber E jammert nicht. Dazu ist seine Stimme gänzlich ungeeignet.
Das ist DIE Musik der amerikanischen Landschaft außerhalb der großen Städte, irgendwo zwischen Feldern und Kleinstädten. Ich liebe sie dafür. Nichts ist ihr ferner als die Großstadt. Das Drama liegt in den Zwischenmenschlichen Beziehungen, und es scheint außer Drogen nichts in der Welt draußen zu geben, was davon ablenkt. E ist einer von uns.
ELECTRO-SHOCK BLUES, 1998
Ich war mir lange nicht sicher, ob "Electro-Shock Blues" oder "Souljacker" mein Lieblingsalbum ist. Vermutlicherweise ist dieses hier die sensiblere Entscheidung.
Tod ist allgegenwärtig. In jeder Kritik dieses Albums stand aufgelistet, wie viele Menschen, die E nahestanden, vor der Fertigstellung des Albums gestorben waren.
Irrenanstalten, Begräbnisse, Tod. Aber ist es ein düsteres Album? Nein. Es sind meist die Refrains, die die Grundstimmung brechen. Die meisten Songs (vor allem "Going To Your Funeral" und "Cancer for The cure") beginnen mit Wut, kraftvoll.
Im Booklet ist unter anderem ein Comic von Adrian Tomine. Es ist eine Zusammenarbeit mit dem canadischen Verlag "Drawn + Quarterly", welcher die besten graphic novelists veröffentlicht, die es im Moment gibt (auch Joe Sacco und Chris Ware). Und kaum eine Verbindung aus Musik und Comic könnte sinnvoller sein als diese. Auf "Electro-Shock Blues" steht der Wahnsinn vor der Tür und hinter jeder Ecke. Es Fähigkeit, dies zu artikulieren, anstatt in Schweigen zu verfallen, ist bewundernswert.
Wie hat er seinen Humor nicht verloren, diesen liebevollen Sarkasmus, der über allem liegt und verhindert, dass seine Songs und Texte verbittert klingen? ("'Cause Courtney needs love and so Do I" auf "Cancer for the Cure")?
Vielleicht ist die Zeile der Schlüssel:
"Life is funny / But not ha ha funny / Peculiar I Guess" (3 Speed)
Mit einer anderen Einstellung wäre "Last Stop: This Town" nicht möglich.
Manchmal glaube ich, dass ich mit Beck nicht zurecht komme, weil ich die Eels liebe. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man Musik machen kann, ohne dabei zu leiden, wie man über den Dingen stehen kann und sie nur als Feld für Experimente betrachten kann. "Baby Genius" benützt die Melodie von "oh du Fröhliche". Der dazugehörende Comicstrip von Chester Brown und Joe Matt ist die beste Wiedergabe an Kritik am Fernsehen, die möglich ist.
Die letzten Worte auf "PS: You Rock MY World": "Everyone is dying / And maybe ist time to live."
DAISIES OF THE GALAXY, 1999
"Grace Kelly Blues" beginnt mit etwas, das verdächtig nach "all You need is Love" der Beatles klingt. Nach "Electro-Shock Blues" klingt "Daisies of the Galaxy" nach "I'm feeling better now". Das Album sieht in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit, und die Grundstimmung ist fröhlicher, es ist öfter von Aufbruch und dem Lösen von Problemen die Rede.
"I Like Birds" ist ein Lieblingssong. Wieder kommt das Gefühl auf, dass E eher in einer ländlichen Gegend zu verorten ist als in einer wilden, turbulenten Großstadt.
Ich finde, dass auf "Daisies" die Musik besser gelungen ist als auf den vorherigen Alben, aber den Texten fehlt etwas.
SOULJACKER, 2001
Etwas hat sich verändert. Die ersten drei Alben bilden eine Einheit, auch was Coverdesign betrifft. Auf "Souljacker" sind jegliche Spuren von Adrian Tomine beseitigt – das Cover ist rot und der bärtige E, mit Sonnenbrille und Kapuze, hält einen ebenso haarigen weißen Pudel. Das Motto lautet "You little Punks think you own this town". Udn die Musik klingt härter als je zuvor. John Parish hat mitproduziert.
Was ist passiert? Soujacker widmet sich dem Außenseitertum – dem "Dog Faced Boy", den beiden missbrauchten Kindern auf "Souljacker". Die Gewalt kommt von außen, und am härtesten haben es immer die Kinder.
Aber die zweite Ebene sind die Liebeslieder, die ebenso wichtig sind – und gerade wegen der ungewohnten Härte der anderen Songs auffallen.
"Woman Driving Man Sleeping" ist immer noch mein Lieblingssong. ES dauert lange, bis man merkt, dass die Frau ihren Mann verlässt. Die Art des Erzählens ähnelt wiederum der einer graphic novel, ein Bild nach dem anderen, und jedes evoziert eine bestimmte Stimmung.
Das Design des Booklets ist irritierend – rosa Liedtexte, ein grellpinkes Bild von E, offensichtlich am reichlich gedeckten Tisch einer herrschaftlichen Villa, wird von einem Diener versorgt, bis man den Tropf sieht, an dem er hängt. Und dann stechen auch die anderen Details ins Auge, wie die klauenartigen Fingernägel, oder das Gebiss im Glas. Zwei Seiten weiter mäht E mit einem Autorasenmäher, der auch als Logo direkt auf der Cd vertreten ist, den Rasen und trägt Farmerskluft.
"Souljacker, Part I". Dieses Album muss ein Bruch sein, denn dieser Song hätte auf die drei alten nicht gepasst. Dieser Gitarrenriff, die unheimliche Art und Weise, mit der E den Text ins Mikro flüstert und brüllt.
Auf "Friendly Ghost": "If you're scared of dying / You better not be scared to live".
Warum denke ich immer an Beck? Die große Vielfalt? Die Experimentierfreudigkeit.
"What is this note" wandert von Punk zu Folk. Dieser Mann ist so begabt, dass es wehtut.
SHOOTENANNY!, 2003
Ich habe lange braucht, um mich überhaupt mit diesem Album auseinander zusetzen. Alles war irritierend: Der Titel, das Coverdesign (schwarz, ohne Bilder). Im Booklet gibt es keine Texte, dafür Fotos, die offensichtlich im Studio entstanden sind. Mark Oliver Everett hat sich den Rauschebart abgeschnitten (angeblich wegen der Probleme am Flughafen).
Die Welt hat sich seit dem letzten Album entscheidend verändert.
Die Musik ist auf den ersten Eindruck weniger experimentierfreudig als auf "Souljacker". Die Gitarren dominieren, schnelles wechselt dich mit langsamen ab. Ich hatte früher das Gefühl, dass dieses Album ein etwas unausgegorenes Stück ist – es ist ein Übergang, aber wohin, ist nicht sicher. Die Qualität ist wechselnd, fast möchte man meinen, dass ich gute und weniger gute Songs regelmäßig abwechseln.
"All in a Day's Work" und "Love of the Loveless" entsprechen der Qualität, die man gewohnt ist. "Agony" ist ein wunderbarer Song.
Es ist schwer, über dieses Album zu schreiben. Ich finde es gut, und viele Songs funktionieren auch alleine ("Rock Hard World, "Lone Wolf"), aber ein Thema das alles zusammenhält, fehlt. ES könnte auch eine beliebige Zusammenstellung an Songs sein – die Guten, die Übriggebliebenen, aber keinen gemeinsamen Kontext haben. Vielleicht musste E noch einige Ideen aus seinem Kopf bringen, bevor er etwas neues beginnen konnte. Dafür ist das Album ausgezeichnet geworden – even the worst songs are better than anything others could ever produce.
"Somebody loves you, and you're gonna make it through".
BLINKING LIGHTS AND OTHER REVELATIONS, 2005
Jede Band muss ihr epochales Werk herausbringen. Bright Eyes wird niemals an "Lifted" anschließen können. Blinking Lights läutet eine neue Ära ein. Erstens hat sich alles verändert. Die Gitarren sind verstummt, stattdessen liegt ein ätherisches Rauschen über der Platte – bis zur ersten Gitarre auf dem 2. Track dauert es mehrere Minuten. E beginnt mit der Geburt. Es gibt eine auf jedem Album, aber diesmal endet es nicht mit Trauer und Einsamkeit.
Aber auf "Son of A Bitch" scheint alles wieder beim alten zu sein. "Mother couldn't love me / but that didn't stop me / from liking her". Der Untertitel des 4. Tracks lautet "Or how i learned to stop worrying and learned to love airplanes, car accidents and psychic pain."
Im Booklet sind alte Familienfotos. Autos, Züge, Hunde, Kinder. Ein Foto eines Offiziers mit Pfeife, ungefähr 1. Weltkrieg. Tom Waits und Peter Buck verstecken sich, laut Booklet singen sie mit, keine Ahnung wo.
Ruhe, Frieden, Versöhnung. Ein merkwürdiges ungewohntes Gefühl. Und dann Songs wie "Suicide Life". Das Album ist schwierig. Schwer, lang, und weniger leicht zu erschließen als vorangegangene. Im Gegensatz zu "Shootenanny" lässt es sich nicht auseinander nehmen. Am ehesten trifft das noch auf "The other Shoe" zu, ein Song, der auf komplexe musikalische Arrangements verzichtet und eine eindringliche Melodie hat.
"Last Time We Spoke". Als ich das erste Mal Sparklehorse hörte, habe ich sie für die Eels gehalten, das war in Dandelion. "Last Time we Spoke" klingt so ähnlich wie "It's A Wonderful Life".
"Mother Mary" erinnert mich an alte Zeiten, an "Dog-Faced Boy".
E setzt sich mit seiner Familie auseinander, aber man weiß nicht genau, wie viel davon ER ist – ich habe Angst, zu behaupten, dass er eine sehr problematische Beziehung mit seinen Eltern gehabt haben muss. Die Abwesenheit des Vaters ist überall zu spüren.
Die zweite CD klingt anders, schneller, lebendiger. Mehr Schlagzeug. "I'm Tired of the old shit / let the new shit begin" (Old Shit / New Shit). "Hey Man" könnte man tatsächlich im Radio spielen, ohne dass schockierte Zuhörer anrufen. Fröhlich? Irgendwie fühlt sich das alles ein bisschen schizophren an. Das Glück hält nicht lange an, und die wahre Kunst ist es, zu glauben, es käme wieder, wenn man nur wartet.
Ich mag es einfach zugänglich.
Manchmal hat an bei den Songs das Gefühl, sie schon mal gehört zu haben – Fremdzitate. Aber auch eigene. E liebt und tröstet. Ist das Glück?
"God's silence" ist vielleicht einer der schönsten Songs, aber ohne Gesang.
"I'm turning out just like my father / though i swore i never would" (Things the Grandchildren should know)
E denkt an die Zukunft. Es ist ein Übergang in eine neue Zeit. Älterwerden, Kinder bekommen, sich mit anderen Dingen auseinander setzen müssen. Es ist schwer, dieses Album zu verstehen, ohne eine umfangreiche Biografie von Mark Oliver Everett vor sich zu haben.
Das ist kein Album, das man beiläufig im Hintergrund hören kann.
No comments:
Post a Comment