Tuesday 23 January 2007

Tatort - Schwelbrand

Als im Vorfeld der Fußball-WM 2006 Teile ostdeutscher Städte zu potentiellen no go Areas für nicht-weiße Menschen erklärt wurden, war das zwar schockierend, aber im Grunde genommen wurde nur ausgesprochen, was Viele schon wussten. Die NPD ist nur die Eisspitze eines viel tieferliegenden Problems, eine politische Partei, die selbst knapp an der Verfassungswidrigkeit vorbeischrammt. Das Problem ist, dass ein Verbot nichts besser machen würde - eine Abdrängung der gesamten rechten Szene in den Untergrund würde eher nützen als schaden, denn dort wächst sie am besten.
Die rechtsradikale Szene verfügt über einen ideologisch fundierten Hintergrund, den man auch als "intellektuell" bezeichnen könnte. Die Gefahr für den Staat geht von diesen neuen Führerpersönlichkeiten aus, nicht den Schlägern, mit denen man die Neonazi-Szene normalerweise verbindet.
Hier setzt die neueste Folge Tatort Bremen an. Es geht um einen Mechanismus, der bekannt ist – einige Musiker organisieren ein Konzert, "Rocken gegen Rechts" oder so, die Reaktion ist Gewalt, die Gegenreaktion ist Hilflosigkeit wegen des Ausmaßes des Problems. Es geht um Armut, Arbeitslosigkeit, trostloses Umfeld – politische Problemfelder. Es geht darum, dass es vielleicht Nachbarn, Familie, Freunde sind. Im Tatort hat eine Sängerin, gespielt von einer recht begabten Jeanette Biedermann, eine Vergangenheit, die sie lieber vergessen würde, und ihr Bruder der aussehensmüßig eher als Kuschellinker durchgehen würde, entpuppt sich genau deswegen als Zukunftshoffnung. Dahinter steht die Erwartungshaltung, dass man diese Menschen am Aussehen erkennt oder dass sie weniger intelligent sind, weil sie moralisch falsche Meinungen vertreten. Dazu kommt die Tendenz, Gründe für Rechtsradikalismus gleichzeitig als eine Art Entschuldigung misszuverstehen. Soziale Notlagen sind Gründe, aber bestimmt keine Entschuldigung für Rechtsradikalismus.
Wenn der Führer einer österreichischen Oppositionspartei Fotos, die ihn bei Militärspielen im Wald zeigen, als Kinderdummheiten abtut, obwohl er darauf schon 18 ist, dann ist das bedenklich. Wenn er nicht ausschließen kann, dass auch Bilder auftauchen, auf denen er den Hitlergruß macht, ist es untragbar.
Einerseits ist die Tatort-Folge wichtig, weil sie kein Happy-End hat – sie zeigt, wie die Versuche, das Bewusstsein durch Konzerte und Kunst gegen Rechts zu schärfen, scheitern müssen, da jene, die betroffen sind, gar nicht erreicht werden. Eine der Bands, die mitarbeiten, ist Mia. Die sich selbst als links einstufende Band geriet wegen einer Textzeile in "Was es ist" in Nationalismusverdacht, weil die Farben schwarz-Rot-Gelb poetisch verpackt vorkommen. Vielleicht ist das gespannte Verhältnis der Linken zu einer Identifikation mit einem Staat aber Teil des Problems, nicht der Lösung.

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