Tuesday 15 September 2009

Gegenseitiges Händewaschen

Für die Zustimmung zur Fremdenrechtsnovelle der ÖVP erkauft sich die SPÖ vom Finanzministerium die Kassenentschuldung. Die angesprochene Novelle bringt Einschränkungen bei der Möglichkeit, Folgeanträge einzubringen (zu "Verfahrensverkürzung" in good speak, zur "schnelleren Abschiebemöglichkeit" für die andere Zielgruppe), eine "Ausweitung der Schubhaftmöglichkeiten" und die umstrittenen radiologischen Untersuchungen zur Altersfeststellung, allerdings scheinbar bloß "freiwillig" (obwohl es in der Novelle wortwörtlich heißt, dass wenn der Fremde seine eigene Minderjährigkeit nicht ausreichend nachweisen kann, "das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof die Vornahme einer radiologischen Untersuchung zur Alterseingrenzung anordnen" können, und weiter "Die Weigerung des Fremden, an der Untersuchung mitzuwirken, ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen").
Hier gibt es dazu einen Artikel der Science Busters, die zum Ergebnis kommen, dass eine Altersfeststellung nur mit einer Genauigkeit von drei Jahren vorgenommen werden kann. Der darin zitierte Artikel des Deutschen Ärzteblatts kommt zu dem Befund, dass vor allem bei anderen Ethnien zu wenig Vergleichsergebnisse vorhanden sind, um mehr als eine Schätzung abzugeben.
Bei einem Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse muss der Betroffene selbst für die DNA-Analyse aufkommen.
Bei all diesen Punkten ist immer zu bedenken, dass viele "Fremde" ohne Papiere ankommen, nicht, weil sie ihre Identität verheimlichen wollen, sondern weil sie diese im Laufe ihrer Flucht aus welchen Gründen auch immer verloren haben, weil sie ihnen abgenommen worden sind, oder weil sie sie aus Sicherheitsgründen gar nicht erst mitnehmen konnten.

Der Entwurf im Wortlaut

Ein Dokument von der Website des Innenministeriums: "Fremdenwesen. Fachgespräch mit Innenministerin Maria Fekter am 10. Juni 2009 - Vorsicht, 197 Seiten PDF)
"Wie im Regierungsprogramm zur XXIV. Gesetzgebungsperiode dargestellt (Punkt 1.2, Seite 105), steht der Vollzug des Asyl- und Fremdenpolizeirechts vor der Herausforderung, dass Fremde, deren Antrag auf internationalen Schutz zurückoder abgewiesen wurde, oftmals einen oder mehrere weitere Anträge auf internationalen Schutz stellen (Folgeanträge). Diese Anträge dienen oft nicht dem berechtigten Vorbringen neuer Asylgründe, sondern alleinig der Verhinderung oder Verzögerung fremdenpolizeilicher Maßnahmen und damit der ungerechtfertigten Verlängerung des faktischen Aufenthalts in Österreich. Dadurch gelingt es den Fremden in vielen Fällen, die Effektuierung fremdenpolizeilicher Maßnahmen, insbesondere Abschiebungen, über einen gewissen Zeitraum zu verhindern. Diese Vorgangsweise stellt eine enorme administrative Belastung für das Asylsystem dar und wird in einem den geordneten Vollzug des Fremdenwesens gefährdenden Ausmaß angewandt. [...] Folgeanträge stellen unter bestimmten Voraussetzungen auch einen eigenen Schubhafttatbestand dar."
Stellungnahme von Norbert Darabos zur Einigung der beiden Regierungsparteien
Zusammenfassung der Stellungnahmen dazu bei der Presse (die verlässlich die symphatischsten Poster hat)
Stellungnahme des Datenschutzrates
Stellungnahme des Roten Kreuz

eingeleitet mit dem Satz:
"Das ORK beobachtet mit Sorge die immer engere Verquickung der Themen Asyl und Kriminalität in der politischen, medialen und gesellschaftlichen Debatte der letzten Monate und die damit einhergehende drohende nachhaltige Schädigung des Instituts Asyl in Osterreich ."
Die Nationalratdebatte dazu findet im Oktober statt.

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