Tuesday, 25 March 2008

Ostern in der Peripherie


„Die kleine Pfarre des Donaustädter Bezirksteils Stadlau, der er vorsteht, liegt in einem schwierigen Viertel. Stadlau oszilliert irgendwo zwischen Stadt und Land, hat gewissermaßen von beidem das jeweils Schlechte abbekommen. Aneinandergereihte Bauernhäuser wie im Marchfeld gehen fließend über in graue Gemeindebauten wie in der Großfeldsiedlung. [...] Im Pfarrzentrum unterhalten sich Jugendliche in schlechtem Deutsch über ihre Tischtennissiege. Viele von ihnen werden um ihre Chancen hart kämpfen müssen. Stadlau hat von der Stadt die Zusammenhaltlosigkeit, von der Provinz die Langeweile geerbt.“

Joseph Gepp – Von Gott und Transdanubien, im Falter vom 21. März 2008

Dazu muss gesagt werden, dass Stadlau im Vergleich zu vielen anderen Donaustädter Bezirksteilen ein blühendes Zentrum ist. Schlimmer ist es in Breitenlee, Hirschstetten und Essling, und hoffnungsloser, weil durch Stadlau in einigen Jahren die U-Bahn fahren wird, während man im Rest des Bezirks immer noch nach Kagran fahren muss, um dann weiter in die Stadt zu kommen.
Der Peripherie beizukommen fällt hippen Stadtzeitungen immer noch schwer, das Ergebnis ist ebenso befremdlich wie der Versuch, über Jugendkulturen zu schreiben. Die soll man jetzt Krochas nennen, wir nennen sie immer noch Neonkappen-Prolos, weil wir es gewohnt sind, dass die Jugendliche alle paar Jahre kollektiv anders aussehen. Vor vier Jahren hatten sie keine Haare und unterschieden sich nur durch ihre Schuhbänder von rechten Skinheads, jetzt tragen sie halt Palästinensertücher und die Hosen in die Socken gesteckt.

Saturday, 22 March 2008

Waiting for Svetlana to finally win a final, Countdown.

Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune - Luada



So arbeitet mein musikalisches Gehirn: Irgendwann im Laufe des frühen Abends schnappte ich dieses Lied auf. Von der "Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune" hatte ich insofern schon gehört, dass ich wusste, was sie machen: Sie covern Lieder auf Wienerisch. Ich konnte also einordnen, dass ich das zu Grunde liegende Lied wahrscheinlich wirklich kenne, mir wollte aber partout nicht einfallen, in welchem Kontext. Ich konnte es nicht einmal zeitlich einordnen. Hätte aus den 60ern kommen können, oder von 2007 stammen. Dann arbeitete es einige Stunden weiter, bis ich es dann ganz genau im Kopf hatte. Eine leidende Stimme, die um einen traurigen Text herumtapst. "Cause what is simple in the moonlight, by the morning never is / What’s so simple in the moonlight, now is so complicated". Ich hätte mir das natürlich merken müssen, weil diese Zeile perfekt beschreibt, wie das bei mir mit dem Schreiben ist. Ich schreibe immer nur, wenn es draußen dunkel ist, sonst bin ich abgelenkt und eine essentielle Komponente fehlt, ich bin nicht fokussiert. Ich wusste dann also dass das Lied auf jeden Fall von Conor Oberst gesungen wird, aber noch immer nicht, welches es ist. Das dauerte dann noch mal ein Weilchen, bis ich meine Bright-Eyes-Bibliothek durch hatte, und der Stolz verbat natürlich, es einfach zu googlen.

Die Neigungsgruppe besteht aus David Pfister, Fritz Ostermayer, Christian Fuchs und Robert Zikmund. "Good Night Vienna" ist bei Trikont erschienen und enthält auch "g'fickt für immer", das Babyshambles-Cover (gut für mich, weil Pete Doherty sonst ein schwarzer Fleck auf meiner Landkarte ist, heißt, ich kenne genau dieses Cover und Adam Greens Version von "What A Waster").

Thursday, 20 March 2008

Vorfreude

Das langerwartete erste Video zu Portisheads drittem Album ist online!



Trotzdem gibts zum Abschluss einen alten Song, der mich schon wieder zufällig kalt erwischt hat:
Nimm die Finger von dem Mädchen, verlass endlich die Bar
Draußen scheint die Sonne, die Nacht ist nicht mehr da
Du hast zuviel geredet, fühlst dich etwas falsch
Das einzige was bleibt läuft dir bitter durch den Hals
Und dann schlägt dein Herz
Und dann schlägt dein Herz

Selbstgespräch unter vier Augen, nur die Wahrheit und der Glauben
Dass es alles besser geht, wenn das Herz noch schneller schlägt

Und dann schlägt dein Herz
Und dann schlägt dein Herz
Und dann schlägt dein Herz
Und dann schlägt dein Herz
Und dann schlägt dein Herz
Eine Melodie

Weil du dem Leben trotzt, tanzt du den Discofox
Komm stell dich in die Mitte, alte Plastiktüte

Und dann steigst du in die Bahn, wo die Menschen wieder fahren
Alle hier sind dir so fremd, obwohl dein Nachbar dich erkennt
Endlich bist du in der Wohnung, deine Beine sind so schwach
Und du sagst dir dieses Land ist nicht für Rock'n'Roll gemacht
Und dann schlägt dein Herz

Olli Schulz & Der Hund Marie - Dann schlägt dein Herz
Ein Bogen vom zu langen Heimweg mit 18 zum ungeschickt aufgeschlagenen Knie mit 21, ohne dass sich dazwischen emotional viel verändert hätte. Können wir das jetzt bitte abschließen?

Saturday, 15 March 2008

Äh....Hobby?


Ein Lehrstück über die Unfähigkeit, Latexhandschuhe unironisch zu verkaufen.

Friday, 14 March 2008

P.S.

Mir ist Angelika Nidetzky sonst wurscht, aber die Stimme ist nicht schlecht. Klingt wie Silly.
Aber der Nachtschicht-Chef ist ungefähr so grindig wie sein Jugendliche-Verzahra-Loch.
Ja, richtig, ich bin in der Donnerstag-Nacht zwischen "Die 4 da" und "Willkommen Österreich" hängengeblieben.

Wednesday, 12 March 2008

...

Ich bewege mich gerade auf den Übergangspunkt von Tocotronics "Scheitern als Weg" zu Blumfelds "Krankheit als Weg" zu. Vielleicht bin ich dort aber auch schon angelangt?

Blumfeld - Der Wind, Textfragment

Ein Wind weht um das Haus und immer wieder
wach ich aus Träumen auf und geh umher.
Mein Kopf ist schwer und fühlt sich an wie Fieber.
Ich will zu mir zurück und find den Weg nicht mehr.

Alles um mich rückt in weite Ferne.
Ich schrumpfe und verirre mich im Flur.
Die Erde bebt, mir ist als sah ich Sterne,
doch in der Dunkelheit verliert sich ihre Spur

Die Nacht in meinen Augen nimmt kein Ende.
Ich fühl mich schwach und will um Hilfe schreien.
Ich sehe schwarz und mal es an die Wände:
Lass dieses Reich nicht mein zu Hause sein!

[...]

Wer soll noch kommen um euch zu erlösen ?
Ihr habt alles verraten und verkauft.
Ihr seid verlor'n - die Guten wie die Bösen.
Ich seh euch zu wie ihr um euer Leben lauft.

Tuesday, 11 March 2008

Landtagswahlen Niederösterreich

Hoffnungsvoll erzählen Analysten, dass die niederösterreichische Situation nicht unbedingt aussagekräftig für die in der Bundesregierung ist. Viel interessanter als das Endergebnis (ÖVP mit absoluter Mehrheit und Zugewinnen, SPÖ mit massiven Verlusten und einer zurückgetretenen Landeschefin, die FPÖ unter Rosenkranz mit 6 % Plus und vor den Grünen) ist die Wählerstromanalyse, zu finden beim Standard. Die SPÖ hat 48 000 Wählerstimmen an die ÖVP verloren und 16 000 von ihr gewonnen. Sie hat 32 000 Stimmen an die FPÖ abgegeben. Die ÖVP hat 31 000 Stimmen an die FPÖ verloren, und 15 000 von den Grünen gewonnen.
Aber der niederösterreichische Weg ist ein Sonderweg.

"Laut internen Umfragen können derzeit aber weder ÖVP noch SPÖ entspannt in Neuwahlen gehen. Beide Parteien müssten mit Verlusten rechnen: Die SPÖ würde an die Grünen verlieren, die ÖVP an die FPÖ. Der Trend, dass die FPÖ die SPÖ anknabbert, war nur auf Niederösterreich beschränkt."

(Die Presse, 10. März 2008)
Irgendwie scheinen jetzt beide Parteien auf Bundesebene total verunsichert darüber, ob sie bei einer Neuwahl gewinnen würden oder nicht, also rudert das Neuwahlen-Boot verzweifelt zurück - wird aber gleichzeitig von anderen Kräften konstant vorwärts gerissen. Unter den vor einigen Wochen in der ZIB2 interviewten Politikwissenschaftlern war mehr oder weniger Konsens, dass es Neuwahlen geben wird, der einzige Weg hinaus wäre ein Personalwechsel, der sich bis jetzt noch nicht abzeichnet.

"Was die Unterstützung einer roten Minderheitsregierung betrifft, hat die FPÖ aber kalte Füße bekommen. Noch Sonntagabend hatte Heinz-Christian Strache dies für „überlegenswert“ gehalten. Am Montag hieß es, die FPÖ werde weder für die SPÖ noch für die ÖVP „Fluchthelfer“ spielen. Ein blauer Funktionär freut sich aber darüber, von beiden Großparteien „hofiert“ zu werden. „Wir sind vom Hooligan- in den VIP-Sektor gewechselt.“ Nach der Wahl ist man zum Mitregieren bereit, allerdings mit zwei Auflagen: nicht in einer Dreierkoalition und mit einer anderen EU-Politik (wofür vor allem die ÖVP nicht zu haben ist)."

(Die Presse, 10. März 2008)
Selbst wenn klar wäre, welche Partei die Neuwahlen gewinnt, die Handlungsoptionen sind trotzdem beschränkt. Also hofft die ÖVP, dass die SPÖ Neuwahlen ausruft, weil das noch zusätzlich Stimmen kostet.

SHE JINXED IT. AGAIN!!!!!

Monday, 10 March 2008

Different Perspectives

Juno, 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage und Palindromes

Zwei Filme, die nichts miteinander zu tun haben, außer dass es in beiden um junge, schwangere Frauen geht: Die eine entscheidet sich, das Kind an Adoptiveltern abzugeben. Die andere, abzutreiben. Das eine ist eine Komödie, das andere ein realistisches Drama. Der eine spielt in einer amerikanischen Kleinstadt, der andere in einer rumänischen Universitätsstadt in den späten Achtziger Jahren.

Gleich von Anfang an: in vielen amerikanischen Reviews wurde bereits versucht, das Phänomen der „Schwangeren-Frauen-Filme“ zu diskutieren, indem eben Juno, 4 Monate, Knocked Up und einige andere letztes Jahr erschienene Produkte verglichen wurden. Tatsächlich lassen sich Parallelen nur oberflächlich herstellen: wie handeln Individuen, wenn sie eine gewisse Menge an Optionen haben. Im Falle von „Juno“ stehen alle Möglichkeiten offen: Die 16jährige kennt sie, eine Freundin kann ihr eine Klinik empfehlen, das größte Hindernis dorthin ist eine wiedergeborene christliche Klassenkollegin, die lauthals „Don’t Kill You Baby, it has fingernails“ verkündet. Die Entscheidung fällt dann erst, als sie im Inneren mit einer merkwürdig unberührten Rezeptionistin konfrontiert wird, nachvollziehen kann sie der Zuseher nicht, denn obwohl Juno nie um eine kluge Antwort verlegen ist, bleibt sie im Grunde genommen genau so verschlossen wie die Protagonistinnen von 4 Monate, 3 Tage und 2 Wochen.

Das ist ein Film, der nur zusieht. Es dauert die Hälfte des Filmes, bis das Wort „Abtreibung“ überhaupt fällt, bis dahin trifft die Hauptdarstellerin unerklärliche Vorkehrungen nach strengen Anweisungen und der Zuseher sieht den Alltag in einem politischen System, das kurz vor dem Niedergang ist, in dem nur noch mit Korruption und Schwarzmarkt überhaupt noch ein leben möglich ist. Eine beklemmende Atmosphäre der beschränkten Möglichkeiten wird langsam und sicher aufgebaut, so dass die beiden Frauen am Höhepunkt des Filmes, in dem beengten Hotelzimmer, bereits in ihrem Käfig sitzen, aus dem es keinen Ausweg gibt. Die Machtverhältnisse sind geklärt, sie sind ausgeliefert, was auch immer der Mann von ihnen verlangt, müssen sie tun, und es steht auch außer Frage, irgendeine andere Art von Hilfe einzuholen. Im Endeffekt geht es in dem Film, wenn man im vom letzten Moment her betrachtet, eher darum, was dieses Ereignis, diese illegale Abtreibung, die viel mehr kostet als nur Geld, mit der Freundschaft der beiden Frauen anrichtet, und all das objektiv erzählt, ohne Einblick in die Gedanken, ohne störende inszenierte Musik.

In Juno: Das genaue Gegenteil. Der Film beginnt mit „All I Want Is You“ von Barry Louis Parker: „If I was a flower growing wild and free / All I'd want is you to be my sweet honey bee. / And if I was a tree growing tall and greeen / All I'd want is you to shade me and be my leaves”. Über den Soundtrack ist vermutlicherweise beinahe genau so viel geschrieben worden, wie über den Film selbst, und er ist auch ein Auslöser für einen Teil des sogenannten “Juno-Backlash“. Juno begann als Geheimtipp, der sich vor allem deswegen so weit verbreitete, weil er so viele verschiedene Fandoms auf einmal erfasste. Begeisterte Ellen Page Fans, Menschen, die Jason Bateman und Michael Cera aus Arrested Development kennen, all jene, die bei dem Gedanken, dass ein Filmsoundtrack in Zusammenarbeit mit Ex-Moldy-Peaches-Sängerin Kimya Dawson entstehen könnte, freudige Luftsprünge machten. Und dann natürlich der Zeitgeist: Nach dem Erfolg von Knocked Up wieder ein Film über ungewollte Schwangerschaft. Und die Drehbuchautorin Diablo Cody war früher Stripperin!

Der schlimmste Vorwurf von Indie-Seite, und das ist erst mal die einzige Kritik, die wir überhaupt ernst nehmen wollen, ist der, dass Juno ein kalkulierter Erfolg ist. Filme, die so tun, als wären wir alle ein bisschen schräg und genau deswegen spannend individuell und interessant, sind seit Garden State und Little Miss Sunshine prädestiniert, weit mehr einzuspielen, als sie gekostet haben. Das, in Verbindung mit einem Soundtrack, der auf weniger bekannte Künstler zurückgreift, die trotzdem einen mass appeal haben, ist natürlich ein sicherer Erfolg.

Ich bin also in heiterer Erwartung an Juno herangegangen: Weil ich Arrested Development mag, weil ich Ellen Page in Hard Candy fantastisch fand, weil ich gute Dialoge mag, und ich vorher wusste, dass sowohl Kimya Dawson als auch Cat Power (mit einem Song in der zentralen emotionalen Szene des Filmes, Sea of Love, vertreten) Songs beisteuern würden. Ich sah den Film, und fand ihn toll, weil sich Dialogfetzen in meinem Kopf verfingen, weil ich die Schauspieler richtig gut fand, weil der Soundtrack gut ist. Auf einer rein emotionalen, unreflektierten Ebene ist Juno ein wunderbarer Film, den man mehr als einmal sehen möchte, der schön aussieht, der ein gutes Gefühl im Kopf hinterlässt. Aber danach beginnt das Gerede zu nagen. Erstens: Es geht in dem Film um ein Mädchen, das klüger und intelligenter zu sein scheint, als ihre Außenwelt, das sich allein schon wegen ihrer Artikulationsfähigkeit von ihrer Umgebung unterscheidet, das ganz bewusst versucht, sich abzuheben. Das wäre ein klassisches, lange vermisstes role model für Jugendliche, die damit aufgewachsen sind, dass ihre Stars bewusstlos von Parties weggetragen werden und aus dem Stand nicht sagen können, auf welchem Kontinent Spanien liegt. Trotzdem trifft sie diese eine, falsche, unvernünftige Entscheidung, die vom Film als gegeben vorausgesetzt werden muss und gar nicht erklärt werden kann, da sie überhaupt nicht zu dem Menschen passt, der uns danach präsentiert wird.

Zweitens, und das ist vielleicht das größere Problem, ist Juno kein realistischer Film, will es auch gar nicht sein. Das ist kein Film über die Probleme, die eine junge Frau hat, die zu früh schwanger wird, denn die Hürden für Juno sind eigentlich nicht vorhanden. Ihr Vater und ihre Stiefmutter unterstützen sie, auch wenn sie anfangs noch schlucken. Ja, sie wird in der Schule angestarrt, aber in einer High School reicht es schon, eine falsche Frisur zu haben, um aufzufallen, und dafür kommt Juno eigentlich gut weg. Der Vater des Kindes ist ein ungeschickter, unglücklich in sie verliebter Typ, der einige Zeit braucht, aber am Ende doch noch das Mädchen kriegt, mit der er dann ganz idyllisch auf der Gitarre Anyone Else But You singt, schließlich sind die beiden füreinander bestimmt: „Here is the church and here is the steeple / We sure are cute for two ugly people / I don't see what anyone can see, in anyone else / But you“. Die größten Probleme des Filmes haben die zukünftigen Adoptiveltern: Der Ehemann, der irgendwann in den frühen Neunzigern dabei steckengeblieben ist, nicht Kurt Cobain geworden zu sein, und deswegen mit seinen teuren Gitarren in einem Abstellkammerl seiner coolen Jugend nachweint (fabelhaft verkörpert von Jason Bateman) und die herzige Ehefrau, zu nah am Wasser gebaut, die dafür geboren ist, eine Mutter zu sein, aber dafür nicht den richtigen Mann gefunden hat (eine wie für die Rolle geborene Jennifer Garner).

Wie also lässt sich Juno rechtfertigen? Mit der einfachen Aussage, dass ein Film nicht relevant über ein „issue“ referieren muss, um eine Existenzberechtigung zu haben.

Jetzt noch ein Ausreißer in eine dritte Perspektive, die vielleicht notwendig ist, um überhaupt vernünftig über „Juno“ nachdenken zu können: Palindromes von Todd Solondz, ein Film, der 2004 leider fast untergegangen ist. In Palindromes geht es um ein dreizehnjähriges Mädchen, das sich ein Kind wünscht, schwanger wird, von ihren Eltern zur Abtreibung gezwungen wird, und danach eine Odyssee antritt, während derer alle möglichen Positionen zum Thema Abtreibung präsentiert werden, ohne jemals zu einem Ergebnis zu kommen, was jetzt der moralisch richtige Weg sein könnte (wobei, wie bei Solondz üblich, alle eher unrecht haben als recht). Man könnte sagen, der Film wäre ein Plädoyer für die Entscheidungsfreiheit, aber eben auch für die Entscheidungsfreiheit FÜR das Kind, nicht nur dagegen, denn die radikalen Abtreibungsgegner kommen nicht gut weg. Das ist die dritte Möglichkeit: Das äußere System würde beide Entscheidungen offen lassen, aber die Eltern des Mädchens nicht.

In den Welten, die Todd Solondz in seinen Filmen aufbaut, zerfallen jegliche moralischen Dogmen, die sich der Zuseher in seinem Leben angeeignet hat. Alles wird in Frage gestellt, alles wird von beiden Seiten gezeigt, und niemand kann sich hinter einfachen Antworten und vorgefestigten Meinungen verstecken.

Zurück zu Juno und 4 Monate, 3 Tage und 2 Wochen. Irrelevant, ob man die beiden Filme für gut oder schlecht hält, im Zentrum stehen talentierte Schauspielerinnen. Ellen Page, in einem New York Times Review berechtigterweise als „frighteningly talented“ bezeichnet, ist deswegen gut, weil sie vorher Hard Candy gemacht hat und als nächstes wahrscheinlich ein nicht weniger ambitioniertes Projekt. Sie beherrscht diese Art von Komödie perfekt, aber es steht außer Frage, dass sie ebenso gut ernsthafte Rollen spielen kann. Sie ist vielseitig. Und Anamaria Marinca, die Otilia spielt, ist in diesem Film so intensiv, sie trägt ihn alleine – und die aufgebaute Enge, die Spannung, wird nie aufgelöst. Deswegen ist in einem Film, der zwei Vergewaltigungen und einige schockierende Bilder von einer Abtreibung beinhaltet, die Szene, in der sie in einer Abendgesellschaft ihres Freundes nervös auf einen Anruf erwartet, auch eine der bedrückendsten des Filmes: Weil die Kamera an ihrem Gesicht hängt, das viele Minuten lang im Mittelpunkt des Bildes steht, während um sie herum die üblichen Gespräche ablaufen.

Während ihre schwangere Freundin in dem Regime, das keine legalen Möglichkeiten offen lässt, absolut hilflos ist, hat sie sich zurechtgefunden. Sie weiß, wen sie wie bestechen muss, sie kennt die Regeln, sie weiß, was notwendig ist. Die Welt in 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage lässt keine Handlungsoptionen offen.

Juno
USA, 2007, Regie: Jason Reitman, mit Ellen Page, Michael Cera, Olivia Thirlby, Jason Bateman, Jennifer Garner, Allison Janney, J.K. Simmons, Rainn Wilson
Ab 21. März im Kino

4 Monate, 3 Tage und 2 Wochen (4 luni, 3 saptamâni si 2 zile)
Rumänien 2005, Regie: Cristian Mungui, mit Anamaria Marinca, Laura Vasiliu, Vlad Ivanov, Alexandru Potocean, Ion Sapdaru
Seit 18. Januar im Kino, ab 7. Mai als DVD erhältlich

Palindromes
USA 2004, Regie: Todd Solondz, mit Matthew Faber, Angela Pietropinto, Bill Buell, Emani Sledge, Ellen Barkin, Valerie Shusterov, Richard Masur, Hillary Bailey Smith
Als DVD erhältlich

Knocked Up
USA 2007, Regie: Judd Apatow, mit Seth Rogen, Katherine Heigl, Paul Rudd, Leslie Mann, Jason Segel, Jay Baruchel, Jonah Hill, Martin Starr
Ab 11. März als DVD erhältlich

Saturday, 8 March 2008

Thursday, 6 March 2008

and music, in eager expectation of april 28 (portishead)

Mia Doi Todd, amerikanische Sängern, zu der mir wirklich überhaupt keine Referenzvergleiche einfallen, hat ein neues Album namens "GEA" veröffentlicht. Ich muss ehrlich zugeben, dass die Lieblingssongs immer noch der Digital-Remix (auf Dublab Presents: Freeways) und der My Room Is White Remix (von Flying Lotus, auf La Ninja: Amor and Other Dreams Of Manzanita) sind, weil mir bei den regulären Songs ein bisschen das Tempo fehlt, aber wunderschön anzuhören sind sie trotzdem.

My Room Is White, vom Vorgängeralbum "Manzanita"



miadoitodd.com
PopMatters Review