Monday, 9 July 2007

Ottakring, Neo-Boboville

Ein neuer Bezirk ist auf meinem Radar aufgetaucht, nachdem das mit dem 14. eher schlecht aussieht (wenn der Makler nicht zurückruft, ist das selten ein gutes Zeichen). Ottakring, der 16. Wiener Gemeindebezirk, erlebt gerade wieder einen Aufschwung. Wenn in Wien von "Gentrification" die Rede ist, wird meist als Musterbeispiel der Brunnenmarkt und die Gegend um den Yppenmarkt gewählt, auch wenn in der Vergangenheit eher der sechste und der siebte Bezirk als Kernland für die Aufwertung eines Stadtteiles galten.
Ottakring ist ein sehr "junger" Wiener Bezirk, das Alter der Bevölkerung liegt deutlich unter dem Durchschnitt für Wien und es gibt mehr Kinder, der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung ist ebenfalls höher (in Wien liegt der Anteil bei 18,7 %, in Ottakring bei 25, 5 %). Rund um das Brunnenviertel werden gerade besonders viele Wohnungen saniert - entsprechend dem Trend, dass sanierte Altbauwohnungen um einiges beliebter sind als Neubauwohnungen, vor allem in den Schichten, die über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung ist als Zielsetzung auch von einer "allgemeinen Imageerneuerung" die Rede. Ein Problem dabei:

  • Angst vor Gentrification (= Effekt, bei dem in billige Stadtviertel Künstler, Lokale und Unternehmen ziehen. Dieser Zuzug wertet das Viertel dann so auf, dass es sich die ursprüngliche Bevölkerung nicht mehr leisten kann)
  • Unterstützung wichtiger Impulsprojekte
  • Galerien, KünstlerInnen, Kultur "anlocken"
Das eine ist ohne das andere kaum möglich. KünstlerInnen war immer schon die Pionierpflänzchen, die dann die betuchten und schein-kreativen Bürgerlichen nachgezogen haben. Natürlich könnte man durch staatliche Kontrolle die Mieten irgendwie regeln, das würde vielleicht verindern, dass sich die angestammte Wohnbevölkerung ihre Mietwohnungen nicht mehr leisten kann, aber wer würde das schon unterstützen?
Obwohl der Bezirk außerhalb des Gürtels liegt, hat er eine beeindrucked verkehrsgünstige Lage: er grenzt an den achten Bezirk (Josefstadt), liegt zwischen U3 und U6, mit einer Straßenbahnlinie, die direkt zur Universität fährt (wobei man laut dem tollen neuen Radroutenplaner auch einfach in 15 Minuten hinradeln kann), das B72 und das Chelsea liegen an der Bezirksgrenze.
Jede neue Wohnung, die ich finde, verwandelt sich in meinem Kopf in eine regelrechte Obsession: bis zu dem Zeitpunkt an dem wir das erste Mal mit dem Makler gesprochen haben (mein Vater ist grad sehr beschäftigt) kann ich an kaum etwas anderes denken. Wohnung suchen ist ganz merkwürdig, da man es als Konsument normalerweise gewöhnt ist, dass Wunsch und Geld ausreichen, um etwas zu erwerben: Wohnungen kaufen ist eher wie ein Bewerbungsgespräch führen. Vielleicht bietet jemand anderes mehr, oder wirkt besser, und deswegen bekommt man die Wohnung nicht, oder ist zu spät dran (Verknappung), oder irgendwas stimmt nicht. Argh.

Wien.at: Bürgerbeteiligung "Aufwertung Brunnenviertel"
ORF: Brunnenviertel zwischen Börek und Bobos
Malmoe: Wien's Notting Hill
Doris Knecht: Sind Sie ein Spießer

Tupalo-Karte von Ottakring

auch sehr spannend und boingboingesque: eine WLAN-Karte von Ottakring, mit verschlüsselten und unverschlüsselten Netzwerken, allerdings schon von 2004. Was die Ungarn da geplant haben, würde mich aber trotzdem interessieren. Weils grad dazu passt: Hier gibts Gratis-WLAN.

Ach, der andere Pluspunkt: Ottakring ist natürlich Heimat des Ottakringer Bier, welches vielleicht nicht das beste, aber doch das bestaussehendste Bier in Österreich ist (ich finde die amerikanischen Bierflaschen schicker als die klassisch-braunen). Das Bobo-Bier (UO, Unten Ohne oder Urban Ottakringer) wird natürlich nur in "Szene-Lokalen" verkauft. Da finde ich das Bock-Bier ("Bock auf Bier") besser - es unterstützt die Arbeit von Ute Bock, die sich für Asylwerber einsetzt.

1 comment:

Helge said...

die gegend um den brunnenmarkt kann ich nur empfehlen, hab mir vor 2 jahren eine dachwohnung am yppenplatz gecheckt und es nicht bereut. neo-boboville ist ziemlich lebenswert, und es wird laufend besser. leider hat der "schaukasten", der erst seit heuer an unserem ende steht, wegen problemen mit dem marktamt zugemacht - ich hoffe, das ist bald gelöst. ansonsten: noi! ando! mmhhh..