Tuesday, 6 June 2006

La Femme Nikita

Die erste Szene des Filmes beinhaltet alles, was einen Luc Besson-Film ausmacht: es geht um Image, um Haltung, um Musik. Fünf Punks gehen durch die Straßen von Paris, um in einer Apotheke Stoff zu besorgen. Die Männer sind brutal, die einzige Frau fragt, kindlich verwundbar, nach ihrem Stoff. Sie ist das Opfer, und wird es den ganzen Film über bleiben, egal wie brutal sie sich verhält. Einen Moment wie diesen wird man in jedem Film finden: nach einer Schießerei zwischen Polizei und Punks ist nur noch Nikita (Anne Parillaud) am Leben. Der Polizist, der sie natürlich für ein Opfer hält, schließlich sieht sie verwundbar aus, findet sie, sie fragt: "Nichts mehr da" und dann erschießt sie ihn, lächelnd. Diese Irritation zwischen scheinbarer Unschuld und Brutalität der weiblichen Hauptfigur findet sich auch hier, und wie Mathilda, Leeloo und Jeanne D' Arc wird sie zum Opfer einer korrupten, unmoralischen Autorität, die ihrer aggressiven, ungeplanten Gewalt eine systematische, fast schon bürokratische Gewalt entgegensetzt. Visuell wird aus dem vormalig unkontrollierten, wilden Punk eine reformierte, professionelle Killerin. Verletzt und verwundet hat sie dem Sog des anzugtragenden Bob (Tchéky Karyo), der sie noch verraten wird, nichts entgegenzusetzen. Die Regierung hat die Macht, ihr Leben auszulöschen, und sie kann Menschen nach ihrem willen formen "um dem Staat zu dienen". Es geht in diesem Film vor allem darum, mit welchen Mitteln ein Menschen zu einer willenlosen Maschine wird, in einem System, welches eine Art von Gewalt sanktioniert und eine andere für sich selbst nützt – eine Autorität, der keinerlei moralische Überlegenheit zukommt, wie die Polizei in "Leon" und die gesamte staatstragende Elite und Kirche ein "Jeanne D' Arc". Somit ist der brutale Unterricht, den Nikita erhält, nicht das Schießen oder die Selbstverteidigung – sondern, angeleitet von einer unheimlichen älteren Frau (gespielt von Jeanne Moreau), wie sie eine richtige Frau werden kann, da dies mehr als alles andere beweist, dass hier entscheidende Eingriffe in ihre Individualität gemacht werden.

"Man sollte lächeln, wenn man etwas nicht weiß. Man wirkt nicht intelligenter, aber angenehmer für die Anderen."

Als sie nach jahrelanger Konditionierung freigelassen wird, um im Dienste des Staates zu töten, weiß sie erstmal nicht mehr, wie sie sich verhalten soll: im Supermarkt kopiert sie das verhalten der Anderen, um menschlich zu wirken. Wie sie sich aus dieser Umklammerung befreit, und dass sie es überhaupt schafft, ist das eigentliche Thema des Filmes.

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