Friday 24 November 2006

Baader

"Baader" ist einer dieser Filme, der in der Phase gedreht wurde, in der gerade beinahe alle namhaften deutschen Regisseure sich mit der RAF auseinandersetzten. Manche dieser Filme waren großartig (Christian Petzold's "Die innere Sicherheit" and Volker Schlöndorff's "Die stille nach dem Schuss"), andere gaben der RAF eine Art "cooles" Image, durch welche sie in den darauffolgenden Monaten immer öfter auf den T-Shirts junger, ungekümmerter Jugendlicher auftauchte. "Baader" ist irgendwo dazwischen und stellt einen starken Kontrast zu den beiden oben genannten Filmen dar, die sich mit weiblichen Charakteren beschäftigten und somit einen ganz anderen Standpunkt hatten. Die Prämisse des Filmes ist einfach: Andreas Baader, einer der Führer der ersten RAF-Generation, sah sich selbst als Clyde: die politische Agenda scheint nicht mehr zu sein als eine Fassade, die ihm erlaubt, Waffen zu tragen, Banken zu überfallen und letztendlich in einem spektakulären Schusswechsel mit der Polizei, die an den bullet-dance aus dem Arthur Penn-Film erinnert, zu sterben.
Das ist natürlich kein historisch korrektes Portrait des linken Terrors, es ist ein fiktiver Film über einen fiktiven Charakter, der entfernt an den realen Andreas Baader (der 1977 Selbstmord begangen hat) angelehnt ist. Schließlich behauptet Regisseur Christoph Roth niemals, "vieles ist so gewesen, nichts war genau so" wie Schlöndorff am Ende seines Filmes. Die politische Agenda der Gruppe, die im Film hauptsächlich aus Baader, seiner Freundin Gudrun Ensslin (die niemals wirklich mehr ist als das: ein verzaubertes Anhängsel ohne viel eigenen Willen) und die Journalistin Ulrike Meinhof besteht, steht nicht im Mittelpunkt des Filmes und ist höchst fragwürdig.
Andreas Baader ist nicht verantwortungsbewusste junge Mann, der eine bessere Welt erschaffen will. Frank Gierig portraitiert ihn als unnahbaren, arroganten Führer, dessen politischen Werdegang der Zuseher nicht zu sehen bekommt, genau so wenig wie die Entführungen und Morde, die die RAF in dieser Phase begangen hat. Im Mittelpunkt steht die Dynamik der Gruppe, die keineswegs unhierarchisch ist. Baader gibt die Linie vor, er schreit, unterdrückt. Gudrun Ensslin (Laura Tonke), die ihn ohne nachzufragen unterstützt, sieht aus wie eine Schauspielerin aus einem Nouvelle Vague Film, nicht wie eine politische Terroristin (ein Eindruck, der natürlich auch in "Die Stille nach dem Schuss" ensteht). Ulrike Meinhof (Birge Schade) scheint der Gegenpol zu Baader zu sein, aber ihr Handlungsspielraum ist beschränkt.
Der Regisseur, der vor allem für seine Horrorfilme bekannt ist, versucht nicht, seine Charaktere liebenswert zu machen. Sie sind Action-Heroes, ohne jegliche politische Agenda, und ihr einziges Aufbegehren besteht darin, dass sie wie Filmhelden sein wollen: Waffen tragen, Banken überfallen, scheinbar zum Selbstzweck. Der sympathischste Charakter des Filmes, der für den Zuseher leichter nachzuvollziehen ist als Baader, ist der BKA-Führer der ihn jagt (ein fiktivier Charakter) - er sieht in diesen jungen Menschen Teenager, die ernst genommen werden wollen.
Ein Film, der sich nicht an die historischen Vorgaben hält, auch wenn er echte Filmschnipsel der Ereignisse zeigt, die eng mit der RAF-Geschichte verknüpft sind (der Tod von Benno Ohnesorg und diverse Reden von Rudi Dutschke). "Die Stille nach dem Schuss" wirkt länger, und funktioniert besser.

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