Tuesday 3 March 2009

Rusalka

Gemeinhin herrscht die Auffassung, dass eine Lebensgeschichte immer einem bestimmten Moment zustrebt, der allem davor und danach Sinn gibt. Rusalka beginnt ganz am Anfang der Geschichte von Alisa, und endet gemeinsam mit ihr. Sie wird irgendwo an der russischen Küste geboren, beschließt eines Tages, nicht mehr zu sprechen, landet in einer Schule für behinderte Kinder, entdeckt, dass sie die Fähigkeit besitzt, Wünsche zu erfüllen, und als sie einen ihrer eigenen erfüllt, dass es manchmal das schlimmste ist, zu bekommen, was man will. Nach einem Jahrhundertsturm zieht sie mit ihrer Mutter und Großmutter ins große Moskau ("wenn man nicht weiß, was man tun soll, geht man nach Moskau") - die strahlende Stadt mit ihren ewigen Glücksversprechen auf den Werbeplakaten bietet zwar Möglichkeiten, aber in dem großen Chaos und dem täglichen Kampf ums Überleben (für Alisa besteht dieses in einem miesen Job als wortwörtlicher Werbeträger in einem überlebensgroßen Mobiltelefonkostüm) noch aktiv nach dem eigenen Glück zu suchen und es auch zu finden, fällt trotzdem schwer. Eines Tages lernt sie Sascha (Yevgeni Tsyganov) kennen, als sich dieser stockbesoffen in den Fluss wirft. Sie springt hinterher, wacht am nächsten Morgen in seiner Wohnung auf. Er kann sich an nichts erinnern und stellt sie als Haushaltshilfe ein, weil sie nicht mehr von seiner Seite weichen will.
Aber das ist keine "Amélie"-Geschichte. Alisas Gabe ist gleichzeitig eine Bürde. Sie weiß, dass sie Wünsche erfüllen kann, aber meistens hat das gleichzeitig grausame Konsequenzen. Während sie die Werbeplakate auffordern, "ihres eigenes Glückes Schmied" zu sein, sind es gerade diejenigen, die scheinbar erfolgreich sind (Sascha verkauft Grundstücke auf dem Mond - "Dinge, die niemandem gehören, darf man behalten"), die an der Leere in ihrem eigenen Leben scheitern.
Nach "Rusalka" noch immer ein bisschen betäubt aus dem Kino gegangen, und überlegt, woher das kommt - diese plötzlichen kleinen Einsichten, hervorgerufen durch eine fantastische Regisseurin, eine mitreißende Hauptdarstellerin, und einen Film, der all die sich anbietenden Vergleiche (etwa wie bereits erwähnt "Die fabelhafte Welt der Amélie"o der "The Science of Sleep") bei weitem übertrifft, weil ihm jegliche Anbiederung fehlt. Ganz große Empfehlung!

2007, Regie: Anna Melikya, mit Mariya Shalayeva, Yevgeni Tsyganov, Mariya Sokova, Anastasiya Dontsova, Veronika Skugina, Irina Skrinichenko, als DVD veröffentlicht aber schwer zu bekommen.

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