Thursday, 8 October 2009

Star Trek

Star Trek, 2009 ungefähr 42 Jahre alt, sucht einen Neubeginn und findet ihn bei seinen Wurzeln: bei einem Serienproduzenten, der mit "Lost" eine Serie geschaffen hat, die eine ähnlich fanatisierte Fangemeinde hat wie die originale Star Trek Serie. Einen Star Trek-Film mit einer eindeutigen Beziehung zur Serientradition zu machen, war eine geniale Idee: erstens versteht J.J. Abrams, wie wichtig es ist, die Tradition nicht zu zerstören, andererseits schafft er es durch einen Sci-Fi-Trick, einen richtigen Neubeginn zu schaffen, um etwaige spätere Anachronismen oder Fehler in der Kontinuität präventiv zu rechtfertigen, was wahrscheinlich die einzige Möglichkeit in einem Universum ist, dessen Geschichte in fünf Serien und zehn Filmen bereits detailliert kartographiert wurde.
Erstmals zur Tradition: Im Gegensatz zu der Idee, eine bestehende Geschichtensammlung auf jene Elemente abzuklopfen, die vielleicht das Potential haben, in die Gegenwart transportiert zu werden, aber alles andere wegzustreichen, so dass das neue Produkt nichts mehr mit dem Ursprung zu tun hat (wie etwa, dankbarerweise, bei Ron D. Moore's "BSG"), ist "Star Trek" auch nach über 40 Jahren noch lebendig. Die Charaktere der Serie und die Dynamik sind ein Referenzrahmen für viele aktuelle (und nicht nur Sci-Fi)-Serien und Filme, auch wenn Gene Roddenberries naiver Glaube an die große Föderation, die Gutes bringt, in dieser Form heute nicht mehr funktioniert (und mit Joss Whedons "Firefly" einen wunderbaren Gegenentwurf bekommen hat), und bereits innerhalb des Star-Trek-Kanons mit "Deep Space Nine" demontiert wurde. Aber in "Star Trek" greift Abrams nicht auf die Idee der Föderation zurück, sondern auf die Wurzeln der Charaktere, die er durch einen Eingriff in die Geschichte verändert - und damit die Geschichte der Charaktere neu schreibt, und ein stabiles Fundament für einen Neubeginn schafft.
Die beiden "Stars", Kirk (Chris Pine) und Spock (Zachary Quinto, genial besetzt), bekommen einerseits eine backstory, andererseits geschehen in beiden Lebensläufen entscheidende Eingriffe. Kirks Vater, für wenige Minuten Captain eines Starfleet-Schiffes, stirbt am Tag seiner Geburt, und Spock verliert seine menschliche Mutter durch den Angriff des selben rachsüchtigen Romulaners (Nero, gespielt von Eric Bana), der in seinem zeitreisenden Schiff bereits Kirks Vater getötet hat. Da sich der Film um die Dynamik der beiden Charaktere dreht, ist dieser "gemeinsame" Geschichte eine geniale Idee: einerseits ist da der heißblütige, übermütige Junge aus Iowa, der von dem ersten Captain der Enterprise, Christopher Pike (Bruce Greenwood), daran erinnert wird, dass der Tod seines Vaters ihn eigentlich motivieren sollte, einen ähnlich glorreichen Weg zu gehen. Andererseits das "Halbblut" Spock, der auf Vulcan wie ein Außenseiter behandelt wird und erst beweisen muss, dass er ein "echter" Vulcanier ist - und dann doch die endgültige Ehrung, den Eintritt in die Akademie, ablehnt, weil dies bedeuten würde, seine geliebte Mutter (Winona Ryder in einer winzigen Rolle) zu verleugnen.
Der Film zeichnet die erste Begegnung der beiden nach: Spock, jetzt Starfleet-Offizier, trifft auf den Kadetten Kirk, der als einziger Kadett jemals das unschlagbare Kobayashi Maru-Szenario gelöst hat (indem er betrogen hat). Dann landen sie in einem Ausnahmezustand (eine Rückkehr Neros in seinem bedrohlich aussehenden Schiff, das nichts mit den bekannten Romulanischen Warbirds zu tun hat) beide auf der NCC Enterprise, und entgehen nur durch die Voraussicht Kirks dem Schicksal einer ganzen Starfleet-Flotte, die um Vulcan aufgerieben wird - und werden dann Zeuge der Zerstörung des Planeten, der Zerstörung der Vulcanier.
Also ist der Ausgangspunkt des Filmes das Trauma seiner beiden Helden, und nach der Logik eines Sci-Fi-Filmes in dem die Zeitreise der zentrale Funktionsmechanismus ist, liegt dahinter das Trauma des Big Bad, der eine Situation falsch interpretiert und deswegen kein anderen Ziel hat, als sich an Spock dafür zu rächen, dass dieser das Ende von seinem Heimatplaneten nicht verhindert hat.
Aber es sind auch die kleinen Dinge, die zählen: Sulu (John Cho, "Harold & Kumar", "FlashForward") bekommt ein zusammenklappbares Samurai-Schwert, Pavel Chekovs (Anton Yelchin) russischer Akzent ist painfully awkward, obwohl der Siebzehnjährige Genialität beweist, und Doktor McCoys (Bones, gespielt von Karl Urban) trockener Humor ("I'm a Doctor, not a...") kommt auch in seiner jüngeren Version perfekt durch. Das Redshirt stirbt zuerst, und kleine Überraschungen, die funktionieren, hält Abrams auch bereit (Uhura, Zoe Saldana, zum Beispiel, die zum Glück nicht mit der obvious choice zusammengebracht wird). Und am Ende steht Captain Kirk trotz des veränderten Wegs dahin auf der Brücke der wunderschönen Enterprise, bereit für neue Abenteuer.
Ein ziemlich perfekter Neubeginn. Jetzt stellt sich nur die Frage, was mit den armen Menschen passiert, die sich immer noch fragen, ob Sisko tatsächlich die letzten zehn Jahre im Wurmloch verbracht hat - die sich nicht für die Anfänge, sondern die Zukunft der Föderation interessieren.

2009, Regie: J.J. Abrams, mit Chris Pine, Zachary Quinto, Leonard Nimoy, Eric Bana, Bruce Greenwood, Karl Urban, Zoe Saldana, Simon Pegg, John Cho, Anton Yelchin, Ben Cross, Winona Ryder.

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