Wendy (Michelle Williams) ist eine junge Frau, wahrscheinlich in ihren frühen Zwanzigern, die in abgeschnittener brauner Hose und dunkelblauem Kapuzenpullover in einer langsam verfallenden Kleinstadt in Oregon landet. Lucy ist ihr einziger Begleiter - ein gelbbrauner Mischlingshund mit Schlappohren, der ihr aufs Wort gehorcht. Wie wir am Anfang des Filmes noch nicht wissen, ist sie noch nicht ganz unten angelangt: noch hat sie ihren alten Honda, mit dem sie von Indiana aufgebrochen ist, um in Alaska endlich einen Job und ein Auskommen zu finden. Bevor sie in der Stadt ankommt, trifft sie auf die, die wirklich nur noch von der Hand in den Mund leben: Landstreicher, die in Lastenwaggons durch das Land fahren.
Dann strandet sie in der Kleinstadt. Ihr Auto gibt den Geist auf, und innerhalb weniger Minuten passiert die Katastrophe: als sie Hundefutter aus einem Lebensmittelgeschäft mitgehen lassen will, wird sie von einem übereifrigen Mitarbeiter aufgehalten, der den Geschäftsführer auffordert, an ihr ein Exempel zu statuieren. Wendy erwidert "Well, I'm not from around here, so I can't be setting an example", aber trotzdem wird sie zur Polizei gebracht, ihre Fingerabdrücke werden abgenommen, sie wird Teil der Computerdatenbank, und Stunden vergehen, in denen sie sich immer wieder nach dem Hund erkundigt, der vor dem Laden an den Fahrradständern angebunden war, als sie weggebracht wurde. Als sie die Polizeistation endlich verlassen kann, ist der Hund verschwunden, und eine Odyssee beginnt.
Die Beteuerung, hier nur auf Durchreise zu sein, und die langsame Erkenntnis, dass ohne feste Adresse, Bankkonto, Kreditkarte und Handy ein Ausweg aus dieser Situation unmöglich ist, schwebt über den restlichen 60 Minuten des Films. Lucy verteilt Plakate in der Stadt, sie wendet sich an das Haus für ausgesetzte Tiere, sie nützt eine unerwartete Freundschaft mit einem alten Wachmann, aber die Welt um sie herum bricht zusammen. Das Auto ist nicht mehr zu reparieren und sie hat sowieso kein Geld mehr. Und ohne Geld ist ein Leben einfach nicht möglich.
Mehr Material braucht Kelly Reichardt nicht für einen unglaublich schönen, traurigen Film. Über weite Strecken verliert man das Verständnis dafür, warum Filme überhaupt mehr brauchen sollten als soviel Intelligenz und Schönheit wie dieser, getragen von einer fantastisch spielenden, ausdrucksstarken Michelle Williams, subtil in ihrer besten Rolle bisher. Am Ende steht der große Verlust und sie ist da angekommen, wo sie am Anfang nur als Gast war. Und weil wirkliche Liebe konsequent ist und selbstlos, kann sie Lucy nicht mehr mitnehmen. Die schockierenden Worte, die der übereifrige Mitarbeiter gesprochen hat, bewahrheiten sich: "If a person can't afford dog food, they shouldn't have a dog". Wer das durchdenkt, kommt angesichts der momentan wütenden Krise auf die ganze schreckliche Ideologie, die dahinter steckt. Der beste Film des vergangenen Jahres.
2008, Regie: Kelly Reichardt, mit Michelle Williams, Will Patton, Will Oldham, John Robinson, Wally Dalton, Larry Fassenden.
Dann strandet sie in der Kleinstadt. Ihr Auto gibt den Geist auf, und innerhalb weniger Minuten passiert die Katastrophe: als sie Hundefutter aus einem Lebensmittelgeschäft mitgehen lassen will, wird sie von einem übereifrigen Mitarbeiter aufgehalten, der den Geschäftsführer auffordert, an ihr ein Exempel zu statuieren. Wendy erwidert "Well, I'm not from around here, so I can't be setting an example", aber trotzdem wird sie zur Polizei gebracht, ihre Fingerabdrücke werden abgenommen, sie wird Teil der Computerdatenbank, und Stunden vergehen, in denen sie sich immer wieder nach dem Hund erkundigt, der vor dem Laden an den Fahrradständern angebunden war, als sie weggebracht wurde. Als sie die Polizeistation endlich verlassen kann, ist der Hund verschwunden, und eine Odyssee beginnt.
Die Beteuerung, hier nur auf Durchreise zu sein, und die langsame Erkenntnis, dass ohne feste Adresse, Bankkonto, Kreditkarte und Handy ein Ausweg aus dieser Situation unmöglich ist, schwebt über den restlichen 60 Minuten des Films. Lucy verteilt Plakate in der Stadt, sie wendet sich an das Haus für ausgesetzte Tiere, sie nützt eine unerwartete Freundschaft mit einem alten Wachmann, aber die Welt um sie herum bricht zusammen. Das Auto ist nicht mehr zu reparieren und sie hat sowieso kein Geld mehr. Und ohne Geld ist ein Leben einfach nicht möglich.
Mehr Material braucht Kelly Reichardt nicht für einen unglaublich schönen, traurigen Film. Über weite Strecken verliert man das Verständnis dafür, warum Filme überhaupt mehr brauchen sollten als soviel Intelligenz und Schönheit wie dieser, getragen von einer fantastisch spielenden, ausdrucksstarken Michelle Williams, subtil in ihrer besten Rolle bisher. Am Ende steht der große Verlust und sie ist da angekommen, wo sie am Anfang nur als Gast war. Und weil wirkliche Liebe konsequent ist und selbstlos, kann sie Lucy nicht mehr mitnehmen. Die schockierenden Worte, die der übereifrige Mitarbeiter gesprochen hat, bewahrheiten sich: "If a person can't afford dog food, they shouldn't have a dog". Wer das durchdenkt, kommt angesichts der momentan wütenden Krise auf die ganze schreckliche Ideologie, die dahinter steckt. Der beste Film des vergangenen Jahres.
2008, Regie: Kelly Reichardt, mit Michelle Williams, Will Patton, Will Oldham, John Robinson, Wally Dalton, Larry Fassenden.
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