Tuesday, 24 March 2009

Battlestar Galactica - Series Finale

SPOILER! Don't read this if you haven't seen it. Seriously.


Eine Serie, die seit ihren Anfängen 2003 so viele Fragen aufgeworfen hat, und sich an Politik, Religion, Krieg, Identität, Schicksal abgearbeitet hat, und erst vor wenigen Tagen Thema einer UN-Konferenz war, sieht sich verständlicherweise mit einer großen Vielfalt an teils widersprüchlichen Ansprüchen konfrontiert, wenn sie zu ihrem schon länger angekündigten Ende kommt. In gewissen Sinne hatte es Joss Whedon mit "Firefly" leichter: er musste die begonnen Geschichten nicht zu Ende erzählen, er musste sich keinen endgültigen Abschluss überlegen. In den letzten Jahren sind so viele ausgezeichnete Serien frühzeitig beendet worden, dass es ein ungewöhnliches Gefühl ist, eine letzte Folge, ein Finale, zu sehen, dass von den kreativen Köpfen dahinter genau geplant wurde. "Six Feet Under" und "Buffy" sind zwei Beispiele aus den letzten Jahren, die nicht enttäuscht haben - "Angel" hingegen musste ein frühzeitiges Ende finden.
In "Six Feet Under" wurden alle Geschichten zu Ende erzählt, ganz entsprechend dem Thema, das Alan Ball Folge für Folge bearbeitet hat. Alle Hauptcharaktere sterben, früher oder später, der einzige Freiraum, der offen bleibt, ist der Weg dorthin. In "Buffy" wird die Grundprämisse, die von Anfang an über der Jägerin hing, verändert: es gibt nicht nur noch Eine, und Sunnydale verschwindet von der Landkarte. Die letzten Worte, die gesprochen wurden: "What do we do now?" - und ein, zumindest kurzfristig (inzwischen gibt es eine achte Staffel in Comicform) erleichtertes, Lächeln von Buffy, die jetzt nur noch eine von vielen ist.
In "Battlestar Galactica" wurden im Laufe der Serie viele verschiedene Prophezeiungen gehört. Das Politische und das Religiöse standen oft im Konflikt, und je nach Grundeinstellung des Sehers war das eine oder das andere wichtiger und schließlich entscheidend für den Weg, den die zu Nomaden gewordenen übergebliebenen Menschen wählten. Das große Versprechen, das Paradies, das angestrebt wurde, entpuppte sich als nuklear verseuchtes wasteland, das schon jahrtausendefrüher zerstört wurde - und ausgerechnet von den feindlichen Cylon skin jobs bewohnt wurde, die ihren eigenen Krieg gegen die Maschinen angezettelt hatten. Die Frage der Identität und was es wirklich bedeutet, menschlich zu sein, wenn selbst Maschinen Gefühle entwickeln können, einen Glauben an Gott, und ein Schicksal zu haben glauben, nicht nur eine Programmierung, wurde noch um ein Stück komplexer, als fünf weitere Menschen entdeckten, tatsächlich Teil eines fünfköpfigen Pantheons, der "final five" zu sein - jene, welche die skin jobs erschaffen hatten, und selbst Maschinen, die ihren eigenen Erschaffungen die gleichen Beschränkungen auferlegten, wie sie die Menschen haben, um zu verhindern, dass der Krieg zwischen den beiden Völkern ewig weitergeht.
Die Cylons selbst spalteten sich über die Frage, wie mit den Menschen zu verfahren sei: beides bedrohte Völker, die einen, weil sie ihre Unsterblichkeit verloren haben, die anderen, weil sie numerisch auf ein paar tausend reduziert sind, und somit keine neue Zivilisation aufbauen können, müssen kooperieren, um überleben zu können. Schon früh wurde deutlich, dass das Ziel der Cylons, wenn schon keine eigenen Nachkommen produziert werden können (ein Hoffnungsschimmer in diese Richtung endet tragisch...), ein Hybridbaby ist.
Cavil, ein radikaler Anführer, der die ihm auferlegten Beschränkungen seiner Erschaffer aus tiefstem Herzen hasst, führt die eine Hälfte der Cylons im weiteren Krieg gegen die Menschen und in einem Bürgerkrieg gegen die andere Fraktion, die sich mit Adama und Roslin verbündet, an.

"I want to see gamma rays. I want to hear x-rays. I want to smell dark matter, and feel the solar wind of a supernova flowing over me."


Während sich die frühen Staffeln noch damit beschäftigten, wie eine demokratische Führung in einer solchen Extremsituation noch aufrecht erhalten werden kann, wie mit mühevoll erkämpften Bürgerrechten umzugehen ist, wenn sie den Fortbestand der Menschen bedrohen, wie die eigene Menschlichkeit überhaupt erhalten werden, drehten sich die letzten Folgen der vierten Staffel um den religiösen Aspekt, der lange Zeit zwar ein wichtiger Strang in den individuellen Geschichten hatte, aber erst jetzt sein volles Ausmaß erreichte. Bill Adama, der realistische, atheistische militärische Anführer, stand in dieser Hinsicht immer auch im Konflikt mit Laura Roslin, deren anfänglicher Glaube an die Prophezeiungen ihrer Götter die treibende Kraft hinter der Suche nach Kobol, und später der Erde, war. Die Frage der politischen Führung wurde mit dem blutigen Ende von Zareks und Gaetas Aufstand gegen eine ihrer Meinung nach fehlgeleitete und unlegitimierte Führung (Adama und Roslin verbündet ohne demokratische Legitimation beschließen eine Allianz mit den bisherigen Erzfeinden) zum Abschluss gebracht.
"You had to sympathize with the show's writers: No narrative twist could equal the end of Season 2, in which Baltar was elected president, the refugees foolishly settled on New Caprica, and suddenly it was a year later and cylon centurions were striding through the bedraggled little settlement in a scene that was a frank citation of the Nazis marching into Paris. [...] And then where do you go? There was way too much wallowing, weeping and 'splaining in this season, but things did briefly return to form in the two-episode mutiny arc. That was "Battlestar" at its best: the "good guys" (Roslin and Adama) were compromised by their semi-dictatorial high-handedness while their antagonist, Tom Zarek, was conversely doing the right thing for the wrong reasons. "

Salon: Goodbye, "Galactica"
, March 21, 2009

Am Ende der Serie passierte die größere Tragödie: die potentiell unendliche Odyssee der Flotte nachdem die letzte greifbare Hoffnung für festen Boden unter den Füßen so bildgewaltig zerstört worden war, wurde unmöglich: Die Galactica, das kampfgeprüfte, aber bereits am Anfang der Serie ausgemusterte Kriegsschiff, brach innerlich zusammen, und nicht einmal die cylon-Technologie konnte das Schiff dauerhaft flicken. Adama, essentiell ein Krieger, musste einsehen, dass er nun endgültig einen bewohnbaren Planeten finden musste, da nun auch der letzte halbwegs sichere Boden unter den Füßen langsam wegbröselte.
Inzwischen kamen die individuellen Geschichten der Protagonisten ebenfalls langsam zu ihrem Höhepunkt: Eine der zentralen Fragen nach dem midseason finale letztes Jahr war: "what the frak IS Starbuck?" Am Anfang der Serie eine rebellische, im Cockpit geniale, aber sonst nicht sehr sozial begabte und leicht autoritätsverweigernde Pilotin, am Ende mit der Frage konfrontiert, was sie ist, nachdem sie geheimnisvollerweise von den Toten zurückgekehrt war und dann, konsequenterweise, auf der Erde ihre eigene Leiche gefunden hatte, während ihr Ehemann sich als einer der final five herausstellte. Ihre persönliche Prophezeiuung, ein paar Mal von einem Hybrid wiederholt: "you are the harbinger of death, Kara Thrace". Welche Rolle würde Hera spielen, das einzige verbliebene Hybridbaby, nachem sich Tyrols Sohn als durch und durch menschlich entpuppte? Was war Gaius Baltars Aufgabe, abgesehen davon, eine Sekte mit einem Harem untergebener Frauen zu führen, die an den einzig wahren Gott glaubte?
Am Ende der Serie, und vielleicht zur großen Enttäuschung all jener, die in "Battlestar Galactica" ein Abbild der Welt wie sie jetzt ist sehen wollten, standen die religiösen Aspekte im Vordergrund. Ironischerweise ist genau das schon einmal in einer von Ron D. Moore miterfundenen Serie passiert: In "Deep Space Nine", der komplexesten Star Trek Serie so far, verschwand Sisko, der "Emissary", am Ende bei den Propheten im Wurmloch, und Fans warten inzwischen schon zehn Jahre darauf, wie diese Geschichte ausgeht (und werden vielleicht ewig warten, nachdem Star Trek unter J.J. Abrams Führung jetzt wieder zu den ganz frühen Wurzeln zurückkehrt).
Am Ende steht der Abschluss der Odyssee. Die Galactica landet auf einem grünen, bewohnbaren Planeten, auf dem sich bloß ein paar in den frühen Entwicklunsstadien befindliche Menschen tummeln. Sie Landen in der Wiege UNSERER Zivilisation, irgendwo in Afrika. Am Ende steht ein nett gemeinter Versuch, die einzig wirklich konsequente Prophezeiung der Serie zu durchbrechen: "What happened before will happen again". Die Siedler vergessen ihre Technologie, ihr frühreres Leben in den Kolonien, und beginnen mit einem "clean slate" (wiederum ein Zufall der Geschichte, bloß ein paar Wochen, nachdem gerade Joss Whedon in "Dollhouse" die Existenz eines solchen in Frage gestellt hat). Verteilt und mehret euch. Und währen die Geschichte der Einzelnen zu Ende erzählt ist, Kara Thrace ihr special destiny erfüllt hat, Laura Roslins Reise und Leiden beendet sind, selbst Adama endlich friedlich sein Leben leben kann, beginnt die Geschichte der menschlichen Zivilisation erst. 150 000 Jahre später, am Times Square, mitten im Neonlicht New Yorks, ist sie wieder bloß ein paar hundert Jahre davon entfernt, dass sich die Geschichte wiederholt - oder vielleicht diesmal nicht, wie die beiden zeitlosen Wesen zynisch feststellen.
"All of this has happened before."
"But the question remains: does all of this has to happen again?"
"This time I bet no."
"I've never known. I've never known you to play the optimist. Why the change of heart?"
"Mathematics, law of averages. Let a complex system repeat itself long enough, eventually something surprising might occur. That too is in god's plan."

3 comments:

jeremyjoker said...

Die Bilder der letzten Folge waren für mich Momente der Ernüchterung. Das Ende einer langen Reise mit der Gewissheit, dass die Anstrengungen der letzten Jahre nicht mehr Früchte tragen wird als eine unbedeutende Schlagzeile in einer Welt, der wir das gleiche Schicksal voraussagen.
Engel – Prophezeiung – Bestimmung. Ich empfand die Idee des göttlichen Beistands in dieser Serie immer nur als eine Notwendigkeit, eine menschliche Selbstschutzreaktion, die Hoffnung trotz dieser nervenaufreibenden Irrfahrt durch die Weiten des Weltalls, eingepfercht in einer winzigen Sadinenbüchse, nicht aufgeben zu müssen oder am Ende gar wahnsinnig zu werden.
Die Mischung aus Halluzinationen und Realität, die Existenz einer Bedrohung durch die synthetischen Zylonen oder das Wirken der verstorbenen Kara Thrace wollte ich als komplexen Traum deuten oder zumindest als eine bisher unbekannten technologischen Verbindung zwischen den Protagonisten verstehen, dessen sie sich erst noch bewusst werden müssen.
So aber endet die Staffel mit dem Dialog zweier übernatürlichen Wesen, deren Unfähigkeit, den Zirkel jemals zu durchbrechen, alles überschattet, wofür wir mit der Besetzung der Battlestar Galactica gekämpft haben: Für eine bessere Welt. Eine bessere als die unsrige.

flame gun for the cute ones said...

Wow, danke schön für den Kommentar: und ich muss dir absolut zustimmen, für mich war die Idee der göttlichen Fügung, der Vorbestimmung, der Propheten und Engel, auch immer nur ein Hilfskonstrukt, welchen sich die Charaktere bedienen, um ihrem Leben einen Sinn zu geben, um die Suche nach einer Zukunft zu mehr zu machen als einer realen Odyssee mit schwindenden Ressourcen und immer größer werdender Entbehrungen. Dass all dies bloß ein Spiel zwischen zwei "Engeln" die Gott dienen sein könnte (so habe ich den Dialog zwischen Baltar und Six zumindest verstanden, als sie Gott als "he doesn't like that name" referenzten), entwertet den individuellen und kollektiven effort der Galactica-Crew UND der Cylons - wenn die Rolle des freien Willens auf eine kleine statistische Abweichung in einer unendlichen Serie reduziert wird. vielleicht erfüllt "Caprica" ja das promise, eine große Geschichte darüber zu erzählen, welche Rolle der freie Wille, menschliche Entscheidungen und Maschinen, die an den einen Erschaffer glauben (ich weiß nicht, ob du den Pilotfilm zur Serie schon gesehen hast?) in der Geschichte des Untergangs der 12 Kolonien spielen.

jeremyjoker said...

Nein, den Pilotfilm habe ich noch nicht gesehen. Sollte der Fokus allerdings auf göttliche Erscheinungen liegen, verzichte ich freiwillig. Mein armes Gehirn musste sich schon durch die letzten Folgen wühlen. Womöglich zerbricht es noch, wenn es diese theologische Wäsche ein weiteres Mal trocken überstehen muss.