Friday, 27 March 2009

The Decemberists - The Hazards of Love

Kritiker haben geschrieben, dass Colin Meloy hier über zu hoch gesteckte Ambitionen und eine Überschätzung (das Wort ist wohl "pretentious") seines eigenen Talents stolpert: "The Hazards of Love" sind zwei oder drei dicht verwobene Handlungsstränge, die männlichen Protagonisten werden von Meloy, die weiblichen von Becky Stark (Margaret) und Shara Worden (die Queen) gesungen.
In einem der schockierendsten und im Sinne von Nick Cave und PJ Harvey besten Song ("The Rake's Song") des Albums geht es um einen jungen Mann, der zu früh heiratet, und nach dem Tod seiner Frau in einem Leben gefangen ist, dass er nicht will - mit drei kleinen Kindern. Der Ausweg ist schnell gefunden - er tötet sie. Die Violent Femmes hatten auf ihrem Album "Hallowed Ground" vor 25 Jahren genau die gleiche Idee, nur dass der Vater hier eher wie ein biertrinkender Farmer aus dem bible belt klang - während die Decemberists, wegen ihrer musikalischen Komplexität und ja, vielleicht auch wegen einer gewissen gewöhnungsbedürftigen Affektiertheit in Meloys Stimme, immer nach England ca. 18. Jahrhundert klingen, obwohl sie aus Portland stammen.
Im Prinzip müsste man dieses Album wie einen Roman behandeln: die Geschichte ist einfach erzählt. Margaret verliebt sich in einem gestaltwanderlischen Mann namens William. Sie wird schwanger (subtil: "growing waist-line") und sucht nach ihrem Liebhaber, aber eine rachsüchtige, stimmtechnisch und in den Bildern, die diese evoziert, an Galadriel orientierte Forest Queen will ihn nicht freigeben.
Dieser hohe thematische Anspruch funktioniert. Die einzelnen Songs sind auch für sich selbst genommen spannend und dicht - aber es ist trotzdem belohender, die ganze Geschichte von vorne bis hinten durchzuhören, was an sich in Zeiten des furchtbar aus dem Kontext gerissenen, auf 1,99 Dollar-Download ausgerichteten Songs eine wunderbar anachronistische Idee ist. Für diesen Anachronismus, für den Mut, ein solches Album aufzunehmen, und für die fantastische Durchführung, obwohl die erhoffte neuerliche Zusammenarbeit mit Laura Veirs nicht stattgefunden hat, wird "The Hazards of Love" es ganz bestimmt auf meine Bestenliste des Jahres schaffen.

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