Tuesday, 19 May 2009

Angels & Demons (Illuminati)

In einem Interview zu "Die innere Sicherheit" erwähnte der deutsche Regisseur Christian Petzold, dass teure Produktionen, die viel Geld, um etwa einen Helicopter zu zeigen, den dann gleich einige Minuten und aus allen möglichen Perspektiven (idealerweise noch in Zeitlupe) zeigen, damit sich das investierte Geld auszahlt, egal ob die Bilder inhaltlichen Wert haben oder nicht.
Dieses Gefühl beginnt in der ersten Szene des Filmes und zieht sich bis zum Schluss. Die Aufnahmen des CERN sind so umfangreich wie das vom Zuseher geforderte suspended disbelief über die funky science, welche die Prämisse der story liefert: im Teilchenbeschleuniger wurde dunkle Materie (oder: das "God Particle") hergestellt und eingefangen, dann von einer terroristischen, pro-Wissenschaft anti-Kirche Organisation gestohlen (da sie auch als Bombe verwendbar ist - richtig, ein "ticking bomb"-Szenario). Professor Robert Langdon, schon im ersten Teil als Held eingeführt, wird vom Vatikan gerufen, um vier gekidnappte Bischöfe, die als Favoritin für die anstehende Papstwahl gelten (denn der alte Papst ist gerade verstorben), und die tickende Bombe, die den gesamten Vatikan auslöschen würde, zu finden.
Das Potential von Dan Browns Vorlage liegt darin, dass die Gegner, die terroristische Organisation, in diesem Film ein geschickt konstuiertes Gegenbild zu dem sind, was uns in den Nachrichten als Terrororganisation vorgeführt wird. Die Illuminati, in der constructed history Browns eine Geheimorganisation von der Kirche verfolgter Wissenschafter, die erst durch die "Purgia", die angedrohte Auslöschung, radikalisiert worden sind, sind das Gegenteil der von religiösem Eifer getriebenen, die Aufklärung verpasst habenden 08:15-Terroristen anderer Geschichten. Es ist vielmehr die Kirche, die in diesem Film geschickt als zwischen konservativen Traditionen und neuen Technologien zerrissener Konzern (inklusive Bank) alter Männer, die den Klischees entspricht. Allerdings hält sich die Geschichte von "Angels & Demons" nicht lange damit auf, den Konflikt zwischen Wissenschaft und Kirche zu beleuchten, oder die Idee, dass erst die brutale Verfolgung und Auslöschung durch die vorherrschende Macht zu Terrorismus führt - und das, obwohl Tom Hanks Professor, der unlikely hero, sehr viel redet und erklärt.
Als wichtiger kirchenkritischer, wissenschaftsbejahender Film funktioniert "Angels & Demons" nicht so recht, aber auch die Krimihandlung will nicht recht mitreißen. Ja, die Aufnahmen Roms sind gut gemacht, und würde man den faktischen Gehalt der in Kunst- Architektur und Kirchengeschichte versteckten Hinweise nicht anzweifeln müssen, hätte der Film sogar einen gewissen Wert als Transportmittel für Wissen - aber wer letztendlich "Der Böse" ist (und der Film reflektiert nicht, dass in einem Konstrukt, in dem der Kampf einer übermächtigen Gemeinschaft gegen eine kleine Gruppe Aufgeklärter im Mittelpunkt steht, ein "big bad" eigentlich überflüssig ist und ablenkt) errät der aufmerksame Zuseher spätestens, als der zweite namhafte Star auftaucht. Dass am Ende die Kirche ihren neuen Papst wählt, nachdem ein Erreterszenario, das tatsächlich nur inszeniert war, zusammenbricht, der wohl keine großen Reformen bringen wird, macht die versöhnliche Grundstimmung der letzten Szene noch bitterer.

2009, Regie: Ron Howard, mit Tom Hanks, Ewan McGregor, Ayelet Zurer, Stellan Skarsgård, Pierfrancesco Favino, Nikolaj Lie Kaas, Armin Mueller-Stahl. Jetzt im Kino.

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